Bühne des Kapitels / Moduls
Salafismus, Islamismus und islamistischer Terrorismus
2.2 Phänomene der Politisch motivierten Kriminalität
Inhalt des Kapitels / Moduls
Salafismus ist in Deutschland und Europa ein relativ neues Phänomen. Er manifestierte sich in der islamischen Welt jedoch schon machtvoll im 18. Jahrhundert. Der Prediger Muhammad ibn Abd al-Wahhāb (1702-1792) löste auf der Arabischen Halbinsel die Bewegung für einen strengen Monotheismus (tauhîd) aus, gereinigt von allen „unislamischen Neuerungen“ (bida‘, Sing. bid‘a) und Rückfällen in „abergläubische“ Praktiken, wie die Verehrung von Steinen und Bäumen, aber auch von Heiligengräbern (letzteres ein im real existierenden „Volks-Islam“ universell verbreitetes Phänomen).
Ibn Abd al-Wahhāb gewann den lokalen Stammesführer Muhammad Ibn Sa‘ud für seine Lehren und begründete ein inzwischen mehr als 250 Jahre altes politisches Bündnis, aus dem das heutige Königreich Saudi-Arabien (Staatsgebiet erobert 1902-1934) und zwei Vorgängerreiche, die jeweils von den Osmanen zerschlagen wurden (1744-1818; 1824-1891), hervorgegangen sind. In Saudi-Arabien blieb die von Ibn Abd al-Wahhāb geprägte fundamentalistische Auslegung des Islams, der „Wahhabismus“, Staatsdoktrin und das Land gewann durch die Kontrolle über die heiligen Stätten Mekka und Medina sowie durch den Erdölreichtum weltweiten Einfluss. Seit den 1970er-Jahren exportiert es durch den Bau von Moscheen und religiösen Schulen weltweit ein Islammodell, das neben dem Wahhabismus auch von den Muslimbrüdern beeinflusst wurde. Viele wurden nämlich nach Verhaftungswellen in Ägypten u. a. in Saudi-Arabien sesshaft und beeinflussten den dortigen religiösen Diskurs, sei es über die 1962 gegründete Islamische Weltliga oder über die religiösen Hochschulen in Saudi-Arabien, die zur internationalen Ausbreitung der salafistischen Bewegung beitrugen.

Der Jihadismus, oder genauer jihadistische Gruppen, entwickelte sich schon in den 1970er-Jahren aus dem radikalisierten Flügel der Muslimbruderschaft in Ägypten, aber auch aus radikaleren, politischen Versionen des Salafismus in Saudi-Arabien.11) Hatten diese noch den „nahen Feind“ im Visier (s. o.), entwickelte sich in der Dekade der sowjetischen Besatzung Afghanistans (1979-1989) der Keim einer von Kämpfern aus aller Welt gespeisten globalen jihadistischen Bewegung, die in den 1990er-Jahren ausdrücklich den „fernen Feind“, sprich westliche Mächte, bekämpfen wollte. Zu ihren Vordenkern zählten Gelehrte wie Abdullah Azzam (1941-1989), ein an der ägyptischen islamischen Hochschule Al-Azhar ausgebildeter Palästinenser, der bis heute höchstes Ansehen in radikal-islamistischen Kreisen genießt. Von Azzam stammt das Postulat, der Jihad sei individuelle Pflicht12)

für jeden waffenfähigen Muslim, solange irgendein islamisches Land von „Ungläubigen“ besetzt sei. Auch Usama Bin Laden und Aiman al-Zawahiri13) gehörten vor der Gründung der Al-Qa‘ida (1988) zum Umfeld von Abdullah Azzam in Afghanistan und wurden von ihm beeinflusst. Bis zum Abzug der sowjetischen Truppen 1989 genossen nicht nur die islamistischen afghanischen Mujahidin14) vollumfängliche westliche Unterstützung, sondern die einigen tausend Freiwilligen aus arabischen und anderen islamischen Ländern, die zum „Jihad“ nach Afghanistan gereist waren, wurden im Westen ebenfalls noch nicht als künftiges Sicherheitsrisiko wahrgenommen. (Abdullah Azzam, der im pakistanischen Peshawar ein Verbindungsbüro für solche frühen „globalen Jihadisten“ eingerichtet hatte, konnte sogar in den USA auf Vortragsreisen Spenden einwerben).

Dies änderte sich grundlegend in den 1990er-Jahren, als Bin Laden zunächst vom Sudan aus den Aufbau eines internationalen Netzwerks von radikalen Islamisten organisierte. Seinerzeit machten sich arabische „Afghanistan-Veteranen“ vor allem in Algerien und Ägypten mit zahlreichen Anschlägen bemerkbar, und einige reisten zu neuen „Jihad-Schauplätzen“ wie Bosnien, Tschetschenien und Tadschikistan. In Afghanistan selbst ging der Sturz des pro-sowjetischen Regimes 1992 nahtlos in einen Machtkampf der Mujahidin untereinander über, der Ende 1994 die Taleban als neue Bewegung hervorbrachte. Usama Bin Laden fand nach seiner Ausweisung aus dem Sudan im Machtbereich der Taleban Zuflucht und verbreitete von dort aus im August 1996 einen langen Aufruf zum Jihad gegen die USA. Im Februar 1998 proklamierte er von Afghanistan aus zusammen mit al-Zawahiri und zwei weiteren Extremisten eine „Globale Islamische Front zur Bekämpfung von Juden und Kreuzfahrern“ und rief zur Ermordung von Amerikanern weltweit auf, ob Militärs oder Zivilisten.
Islamismus in Deutschland
Radikaler Islamismus hat in Deutschland bis in die späten 1990er-Jahre nur eine geringe Rolle gespielt. Polizeilich wurde er noch bis 2001 als quantitativ und qualitativ wenig bedeutsamer Teilbereich des Phänomens „Politisch motivierte Ausländerkriminalität“ (siehe Kap. 2.4) eingeordnet, aber auch gesellschaftlich führten radikal-islamistische Gruppen und Personen eine von den Medien und der Wissenschaft kaum beachtete Randexistenz.
Eine Ausnahme bildete der von Cemalettin Kaplan (Hocaoğlu) 1994 in Köln ausgerufene „Kalifatstaat“, der später von seinem Sohn Metin Kaplan fortgeführt wurde.15) Der Kalifatstaat kann als „deutsches“ Phänomen angesehen werden, da ein solches Projekt in der Türkei nicht möglich gewesen wäre. Dort waren seinerzeit islamistische Gruppen und Parteien noch staatlichen Restriktionen oder sogar Verfolgung ausgesetzt So war auch die 1973 gegründete „Islamische Gemeinschaft Milli Görüş“ (IGMG), ein Ableger der türkischen „Nationalen Heilspartei“ von Necmettin Erbakan (s. o.), bis in die 1990er-Jahre hauptsächlich in Deutschland mit Hauptsitz in Köln aktiv. Mit ihrer ausschließlich türkischstämmigen Anhängerschaft stellen die IGMG, bzw. Vertretungen der Saadet-Partei und der Erbakan-Stiftung, ein zahlenmäßig bedeutsames Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes dar.

Ähnlich wie die heute in der Türkei unter Erdoğan regierende AKP können all diese Organisationen als (wenn auch entfernte) Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft gelten, bzw. sie stehen ihr ideologisch nah. In Deutschland sind die „Brüder“ bereits seit 1958 vertreten, spielten eine zentrale Rolle bei der Ausdehnung der Bewegung in Europa und haben es über den Ableger Islamische Gemeinschaft Deutschland (Abkürzung: IGD) – die ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet wird – vermocht, bundesweit zahlreiche Moscheegemeinden unter einem Dach zu organisieren. Der organisatorische Bezug zur Muslimbruderschaft ist dabei nicht immer offensichtlich. Das gilt neben einer Fraktion echter Muslimbrüder im Kern der Bewegung auch für Ableger oder Einzelpersonen, die der Muslimbruderschaft zumindest nahestehen.16) So gab es früher, und mit der Sächsischen Begegnungsstätte (SBS) auch aktuell, Initiativen,17) die sich etwa um Moscheegründungen in verschiedenen Bundesländern bemühen, sich dabei aber überparteilich geben und jegliche organisatorische Anbindung an die Bruderschaft verneinen. An diesem diffusen Organisationsgrad wird deutlich, wie schwer sich der Einfluss des politischen Islam einschätzen lässt. Das lässt sich auch am Beispiel der DITIB18) ermessen, die bis vor einigen Jahren noch als staatlicher Partner deutscher Behörden fungierte, jetzt aber unter den Vorzeichen zunehmender Islamisierung in der Türkei auch hierzulande als problematisch empfunden wird.

Weitere Zweige der Muslimbruderschaft sind Organisationen, die wie die später transnational agierende Hizb ut-Tahrir (HuT)19) oder die palästinensische Hamas einen gemeinsamen Palästina-Fokus aufweisen. Die in Deutschland bereits 2003 verbotene HuT führte zwischenzeitlich ein Schattendasein, macht aber in jüngster Zeit mit Internet-Initiativen wie Realität Islam oder Generation Islam wieder von sich reden, indem sie u. a. über eine Kopftuchdebatte Anhänger zu mobilisieren versucht. Mit massiven Straßenprotesten gegen Israel machen sich die Hamas und die libanesisch-schiitische Hizbullah bemerkbar, (u. a. am von Ayatollah Khomeini schon 1979 eingeführten „Jerusalem-Tag“, jeweils am letzten Freitag des Monats Ramadan), ein Phänomen, das seit der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen und nachfolgenden „Gaza-Kriegen“ mit schweren Luftangriffen Israels (2008-2009, 2012, 2014) stark zugenommen hat (siehe unten). Dennoch ist festzuhalten, dass terroristische Aktivitäten der o. g., von türkischen und arabischen Migranten geprägten islamistischen Szene in Deutschland bis heute nicht bekannt sind. Ähnliches gilt für das Phänomen der Auslandskämpfer. Obwohl aus den islamistischen Milieus in Deutschland bereits in den 1990er-Jahren einzelne zum „Jihad“ nach Afghanistan oder Bosnien aufbrachen, waren es nach 2001 andere, sogenannte salafistische Milieus, aus denen sich fast alle Auslandskämpfer rekrutiert haben (siehe unten).
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Fussnoten
1)
Muhammad Nasir ad-Din al-Albani (1914-1999) lehrte in Damaskus und 1961-1979 überwiegend in Saudi-Arabien, wo er mit rigoros konservativen Ansichten wiederholt aneckte, aber später rehabilitiert wurde. Er blieb bis heute eine der wichtigsten Autoritäten für zeitgenössische Salafisten.
2)
Vgl. dazu den Islamexperten Tilman Nagel 2005.
3)
Pfahl-Traughber 2007, 62-78.
4)
Kreutz 2019.
5)
Erbakan gründete ab 1970 nacheinander fünf islamistische Parteien, die jeweils verboten, aber unter neuen Namen weitergeführt wurden (Nationale Ordnungspartei 1970-71; Nationale Heilspartei 1973-1980; Wohlfahrtspartei 1987-1997; Tugendpartei 1997-2001; Glückseligkeitspartei seit 2001). Aus einem Reformflügel der letztgenannten Partei ist 2001 die von Recep Tayyip Erdoğan geführte AKP hervorgegangen.
6)
Philipp 2011; Bickel 2013.
7)
Im Irak wurden schiitisch-islamistische Gruppen bis zum Sturz Saddam Husseins 2003 hart verfolgt, gewannen danach jedoch umso mehr an Einfluss.
8)
Steinberg 2011.
9)
Das politische Programm der Taleban in diesen Jahren beschränkte sich auf die Implementierung der Scharia (nach einer rigiden Interpretation islamischer Vorschriften und Verbote) und die Wiedervereinigung des vom Bürgerkrieg zerrütteten Landes unter ihrer Herrschaft.
10)
Elger 2018; Bauknecht 2018.
11)
Vgl. Hassan 2016.
12)
Das islamische Recht unterscheidet zwischen der individuellen Pflicht (fard ‘ain), die für jeden einzelnen zu einer bestimmten Handlung befähigten Muslim gilt, und der kollektiven Pflicht (fard kifâya), die als erfüllt gilt, sofern eine hinreichend große Anzahl von Muslimen diese verrichtet.
13)
Der ägyptische Arzt Aiman al-Zawahiri war als Mitglied der Gruppe „Al-Jihad“ nach der Ermordung des Präsidenten Anwar as-Sadat 1981 einige Jahre in Haft und hielt sich seit 1985 überwiegend in Pakistan und Afghanistan auf, wo er zur „rechten Hand“ von Usama Bin Laden wurde (und nach dessen Tod 2011 neuer „Emir“ der Al-Qa‘ida). Der größte Teil der Propagandaschriften und -videos der Al-Qa‘ida seit 2002 stammt von ihm.
14)
Der arabische Terminus „Mujahidin“ bzw. „Mujahidun“ bedeutet „Jihad-Kämpfer“. In den 1980er-Jahren war der Begriff auch in westlichen Medien durchweg positiv belegt, im Sinne von „islamische Freiheitskämpfer“. Während sich die westliche Einstellung gewandelt hat, bezeichnen militante islamistische Gruppen aller Couleur ihre bewaffneten Kämpfer weiterhin als „Mujahidun“.
15)
Zum „Kalifatstaat“, der im Dezember 2001 vom deutschen Innenminister verboten wurde, vgl. Schiffauer 2000. Metin Kaplan, der die Gruppe seit 1995 angeführt hatte, wurde 2004 an die Türkei ausgeliefert.
16)
Vgl. Vidino 2017.
17)
Vgl. Verfassungsschutz Sachsen.
18)
DITIB (Diyanet Işleri Türk Islam Birliği = Türkisch-Islamische Union für Religiöse Angelegenheiten), seit 1984 in Deutschland ein eingetragener Verein, untersteht der Aufsicht der obersten türkischen Religionsbehörde.
19)
Die Hizb ut-Tahrir wurde 1953 von dem palästinensischen Gelehrten Taqi ad-Din al-Nabhani in Jerusalem gegründet. Seit den 1970er-Jahren konzentriert sich ihre Propaganda auf die Forderung, wieder ein panislamisches Kalifat zu errichten. In den meisten arabischen Staaten und Pakistan ist die HuT heute verboten, aber in den 1990er-Jahren gewann sie an Einfluss, unter anderem in Zentralasien.
20)
Das auf den Koran, Sure 5 Vers 51, zurückgehende Begriffspaar walâ und barâ’a wird in vielen zeitgenössischen Propagandaschriften thematisiert, besonders von militanten Salafisten, die Loyalität (walâ) gegenüber Glaubensbrüdern/-schwestern und die Feindschaft gegenüber den „Ungläubigen“ bzw. deren „Meidung“ (barâ’a) zu einer wesentlichen Glaubenspflicht aller Musliminnen und Muslime erklären.
21)
Spiegel Online vom 30.08.2010; Spiegel Online vom 09.10.2010; Spiegel Online vom 15.10.2010.
22)
Im Mai 2012 provozierte die rechtspopulistische Partei Pro NRW gezielt Muslime mit dem Zeigen von Muhammad-Karikaturen bei Demonstrationen vor Moscheen in Solingen und Bonn. Bei Gegendemonstrationen von Salafisten kam es zu Gewalt gegen Polizeibeamte (29 Verletzte in Bonn, 05.05.2012); vgl. Die Welt vom 02.05.2012; Spiegel Online vom 05.05.2012; Die Welt vom 10.10.2012; Spiegel Online vom 19.10.2012.
23)
Vgl. Abou Taam/Dantschke/Kreutz/Sarhan 2016.
24)
Bundeskriminalamt/Bundesamt für Verfassungsschutz/Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus 2015.
25)
Einen guten Eindruck von der „gelebten Brüderlichkeit“ vermittelte z. B. ein 2011 vom Islamischen Kulturzentrum Mönchengladbach produziertes Video „Wir vermissen Dich - Der Dawa-Film“, in dem auch Sven Lau, Pierre Vogel, Hassan Dabbagh und andere Prediger auftraten (bei YouTube noch in Auszügen aufrufbar).
26)
Bundesamt für Verfassungsschutz 2019, 175.
27)
Vgl. an einem deutschen Beispiel die Gründung des Marwa El-Sherbiny-Zentrums in Dresden, mit Verbindungen zur Muslimbruderschaft. Das Zentrum wurde nach der mit fremden- bzw. islamfeindlichen Motiven während eines Gerichtsverfahrens 2009 getöteten Marwa El-Sherbiny benannt.
28)
Abou Taam et al., a. a. O., 99. Ein Gerichtsverfahren gegen die Beteiligten an dieser Aktion endete im November 2016 mit dem Freispruch aller Beschuldigten.
29)
Vgl. exemplarisch Spielhaus/Mühe 2018.
30)
Wiedl/Becker 2014.
31)
Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat 2016.
32)
Der bereits im Koran mehrfach vorkommende Begriff Tâghût (Plural: Tawâghît) bedeutet wörtlich „Übertreter“, d. h. jemand, der sich über die „Gesetze Allahs“ hinwegsetzt, sei es durch die Verehrung von „Götzen“ oder durch tyrannisches, willkürliches Herrschen. Im heutigen islamistischen Sprachgebrauch dient Tâghût als Schimpfwort besonders für „unislamische“ Regierungsformen, wozu oft auch solche Regierungen islamischer Staaten gezählt werden, die nicht gemäß den Gesetzen der Scharia herrschen.
33)
Der erste Teil des islamischen Glaubensbekenntnisses. Der zweite Teil lautet Muhammad rasûlu’llâh („Muhammad ist der Gesandte Allahs“).
34)
TAZ 2007.
35)
Vgl. Malthaner/Hummel 2012, 275.
36)
Das Frankfurter Missionierungsnetzwerk DawaFfm verbreitete seit 2008 Videos auf einem eigenen Kanal bei YouTube und unterstützte ab 2012 die Koranverteilungsaktion „Lies!“. Es wurde im März 2013 verboten.
37)
Takfîr („für ungläubig erklären“) ist der arabische Terminus für Exkommunikation von der Gemeinschaft der Muslime, wozu gemäß dem islamischen Recht eine Reihe von Voraussetzungen vorliegen müssen.
38)
Mohamed Mahmoud („Abu Usama al-Gharib“) setzte sich im April 2012, noch vor dem Verbot der Gruppe Millatu Ibrahim, in die Türkei ab, von wo er sich nach einer weiteren Haftzeit 2014 nach Syrien schleusen ließ. Er trat im
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11 Zurückgeben Rückgängig Dokument zurückziehen Informationen anzeigen Name: Typ: Pfad: Modul_2_2 InEx-Kapitel /BKA/HEX/DE/Handbuch/Kapitel_2/Modul_2_2Erstellt: Publiziert: Geändert: Dienstag, den 5. Januar 2021 14:43 (1, ifey) Montag, den 17. Januar 2022 16:02 (21, ifey) Mittwoch, den 19. Januar 2022 13:33 (22, ifey) Kapitel-Nummer Juni 2015 in einem Propagandavideo des IS auf, in dem er nach einer Hetzrede mit sichtlicher Freude einen syrischen Gefangenen erschoss. Im November 2018 soll er bei einem Luftangriff in Syrien getötet worden sein.
39)
Abou Taam et al., a. a. O., 104; Abu Muhammad al-Maqdisi (geb. 1959 in Nablus, Palästina) gilt als einer der einflussreichsten lebenden Ideologen des zeitgenössischen Jihadismus. Seine 1984 erschienene Streitschrift Millatu Ibrahim [„Die Gemeinschaft Abrahams“] betont die Notwendigkeit für Muslime, sich von jeder Form der Loyalität zu „Götzendienern“ loszusagen (vgl. oben, Fußnote 20, al-walâ wal-barâ’a).
40)
Der irakische Prediger „Abu Walaa“ (Klarname: Ahmad Abdulaziz Abdullah) wurde im November 2016 in Hildesheim verhaftet. Das Strafverfahren gegen ihn läuft seit September 2017 in Celle.
41)
Vgl. Abou Taam et al., a. a. O., 115ff.
42)
Kiefer/Ceylan/Hüttermann/Zick /Dziri 2017.
43)
Hummel 2014.
44)
Die höchste Strafe gegen einen deutschsprachigen mutmaßlichen Rekrutierer für den IS wurde bisher gegen den Bosnier Mirsad Omerovic („Ebu Tejma“) verhängt, der lange in Österreich gepredigt hat; vgl. Die Presse (Wien) vom 14.07.2016. Denis Cuspert („Abu Talha al-Almani“), der 2011-2012 neben Mohamed Mahmoud als wichtigste Führungsperson der Gruppe Millat Ibrahim fungierte, setzte sich 2012 nach Ägypten und später nach Syrien ab, wo er sich spätestens 2014 dem IS anschloss und in verschiedenen IS-Propagandavideos auftrat. Er soll im Januar 2018 in Syrien getötet worden sein.
45)
Vgl. Lohlker 2016.
46)
„Abu Dujana – Der Genusszerstörer – Der Tod“; „Abu Dujana – Die Hölle“.
47)
Die in Bonn aufgewachsenen Deutsch-Marokkaner Yassin und Mounir Chouka zogen 2008 ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet (Nord-Waziristan) und traten in den Folgejahren in einer Reihe von deutschsprachigen Propaganda-Videos der Islamischen Bewegung Usbekistans (IBU) auf.
48)
Das arabische Wort hijra hat eine religiöse Konnotation, d. h. es wird auf die Auswanderung der ersten Muslime von Mekka nach Medina zusammen mit dem Propheten Muhammad 622 AD angespielt, die als sehr verdienstvoll gilt, da sie aus religiösen Gründen ihren Besitz zurückließen. In diesem Sinne haben zeitgenössische jihadistische Gruppen, besonders der IS, in ihrer Propaganda stets die „Auswanderung zu den Schauplätzen des Jihad“ propagiert.
49)
Vgl. El Hadad/Holtmann/Prucha 2016, 220f.
50)
Darunter Cüneyt Čiftči aus Ansbach (Bayern), der im März 2008 bei einem Selbstmordanschlag in der afghanischen Provinz Khost starb und als erster deutscher Selbstmordattentäter bekannt wurde.
51)
Bis Ende 2017 hatte der IS alle seine zuvor gehaltenen Territorien im Irak verloren. Im syrischen Grenzgebiet zum Irak hielt sich eine letzte Enklave des IS noch bis fast Ende März 2019.
52)
Allerdings wurde im Juni 2018 in Köln ein Tunesier verhaftet, dem unter anderem vorgeworfen wird, sich größere Mengen des Giftes Rizin für ein Anschlagsvorhaben in Deutschland beschafft zu haben. Er wurde im März 2020 zu 10 Jahren Haft verurteilt. Im Oktober 2018 scheiterte ein Anschlag auf die ICE-Bahnstrecke zwischen Augsburg und München nur an technischen Unzulänglichkeiten. Ein tatverdächtiger Iraker wurde am 26.03.2019 in Wien festgenommen; vgl. Kronen Zeitung 27.03.2019.
53)
Spiegel Online 11.12.2017; Spiegel Online 12.12.2017.
54)
AFP 09.01.2017.
55)
Goldberg, Jüdische Allgemeine 12.02.2015; Spiegel Online 18.01.2016.
56)
Vgl. hierzu bei Pisoiu/Hummel 2014.
57)
Bjørgo 2015.
58)
Vgl. Ritzmann 2018.
59)
Dies ist bei der Auswertung von Datenträgern vieler arabisch- und türkischstämmiger Personen aufgefallen, gegen die am BKA in Staatsschutzverfahren ermittelt wurde, und die neben jihadistischen Propagandavideos auch vergleichsweise harmlose Vorträge von Pierre Vogel und anderen deutschen Konvertiten abgespeichert hatten.
60)
ntv vom 14.04.2016.
61)
Ein Zeichen in dieser Hinsicht setzte im Juni 2017 die Berliner Anwältin Seyran Ateş mit der Eröffnung einer „liberalen Moschee“, wofür sie allerdings auch von deutschen Islamverbänden kritisiert wurde; vgl. Spiegel Online 12.06.2017; Deutsche Welle 21.06.2017; Spiegel Online, 02.07.2017.
62)
Von diesem Personenkreis ausgeführte Anschläge mit Todesopfern gab es neben dem von Anis Amri in Berlin (Dezember 2016) in Würzburg (Regionalbahn), in Ansbach (Juli 2016) und in Hamburg (Juli 2017). Einige geplante Anschläge von Neuzuwanderern konnten seit 2016 im Vorfeld verhindert werden; Ermittlungen bzw. Strafverfahren dazu dauern teilweise noch an.
Literatur
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Spiegel Online vom 09.10.2010: Mönchengladbach. De Maizière schaltet sich in Streit um geplante Islamschule ein.
Spiegel Online vom 15.10.2010: Islamstreit in Mönchengladbach. De Maizière zeigt Flagge gegen Salafisten-Sekte.
Spiegel Online vom 05.05.2012: Salafisten und Pro-NRW-Bewegung. Extrem ähnlich.
Spiegel Online vom 19.10.2012: Messerattacke auf Polizisten. Salafist Murat K. muss für sechs Jahre in Haft.
Spiegel Online vom 18.01.2016: Anschlag auf Synagoge in Wuppertal: Sechs Brandsätze in der Nacht.
Spiegel Online vom 12.06.2017: Frauenrechtlerin gründet Moschee. Unsere Religion nicht den Rückständigen überlassen (Interview).
Spiegel Online vom 02.07.2017: Dutzende Morddrohungen. Moschee-Gründerin Seyran Ateş unter verstärktem Polizeischutz.
Spiegel Online vom 11.12.2017: Antisemitismus bei Demo in Berlin: Blanker Hass.
Spiegel Online vom 12.12.2017: Juden zu antisemitischen Protesten: Jegliche Grenze des Akzeptablen ist überschritten.
TAZ vom 06.09.2007: Anschlagspläne: Die Ulmer Verbindung.
YouTube, Abu Dujana, Abu Dujana – Der Genusszerstörer – Der Tod. Quelle: https://www.youtube.com/ watch?v=6yZoYw8QdvM.
YouTube, Abu Dujana, Abu Dujana – Die Hölle. Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=_ mTV2JKYyj8.
Bildquellen
Anschlag in Berlin (Breitscheidplatz): © picture alliance / Bernd von Jutrczenka/dpa.
Arid Uka Tatortbild: © picture alliance / dpa.
Ausrufung des Khalifat 2014 (Abu Bakr al-Baghdadi): @ picture alliance/AP Photo.
Ausbreitung des selbsternannten Kalifats (Stand 03.04.2015): @ picture-alliance/dpa-infografik. Hizbullah (Libanon): Hisbollah, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=6600630.
Logo der Hamas: Hamas, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=7383948.
Logo der HuT: Hizb ut-Tahrir, https://www.hamburg.de/innenbehoerde/archiv/231738/hizb-ut-tahrir-artikel/
Logo des IGMG: IGMG (ttps://www.mena-watch.com/wp-content/ uploads/2018/01/mlw_logo.jpg), https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode.
Logo Islamische Weltliga WML: Islamische Weltliga, ttps://www.mena-watch.com/wp-content/ uploads/2018/01/mlw_logo.jpg.
Logo der Lies!-Kampagne: Lies! Stiftung, Plakat 2014.
Logo der Muslimbruderschaft: Muslimbruderschaft, https://suara01.fles.wordpress.com/2010/01/image_thumb11.png?w=1400.
Sauerlandgruppe: Die blauen Fässer beinhalteten Chemikalien zum Bau von Bomben. @ picture alliance / ASSOCIATED PRESS.