Bühne des Kapitels / Moduls
Dynamiken, Strukturen und Prozesse in extremistischen Gruppen
3.2 Prozesse der Radikalisierung
Inhalt des Kapitels / Moduls
Extremismus und Terror gehen von Gruppen aus. Was aber macht eine extremistische Gruppe aus? Welche zentralen Strukturen gehören zu Gruppen? Welche Gruppendynamik ist in extremistischen Gruppen zu erkennen und erklärt, warum sich die Personen diesen Gruppen anschließen, was die Gruppen zusammenhält, oder auch, warum Mitglieder die Gruppen verlassen? Welches Risiko geht von extremistischen Gruppen aus, das auf die Gruppendynamik zurückgeht? Diese Fragen an die Gruppendynamik in extremistischen Gruppen werden auf der Grundlage der Forschung über diese Gruppen und auch in der Extremismus-, Radikalisierungs- und Terrorismusforschung erörtert. Dabei wird deutlich, dass für Gruppen die soziale Identifikation von Menschen und die Herstellung einer Gruppenidentität besonders wichtig sind. Rollen, Normen, Werte und die Herstellung von Beziehungen, Netzwerken und Kommunikationsstrukturen werden in extremistischen Gruppen so geregelt, dass der Zusammenhalt eng ist. Die Abgrenzung und der Kampf gegen ‚Feinde‘ sind dabei ein ebenso wichtiger Bestandteil der extremistischen Gruppe, wie die Verpflichtung auf die Gruppenidentität. Auch wenn es einige Forschungsdefizite und noch erstaunlich wenig Wissen über Gruppenprozesse und -dynamiken in extremistischen Gruppen gibt, können aus der Forschung einige Ideen für die Prävention und Intervention abgeleitet werden.
Extremismus als Gruppenphänomen
Im Jahr 2016 hat eine Gruppe von jungen, zum großen Teil minderjährigen, männlichen, deutschen Jugendlichen einen jihadistischen Terroranschlag verübt, nachdem die Gruppe vier Monate vorher einen WhatsApp-Chat gegründet hatte. Die Gruppe radikalisierte sich bis zum Anschlag also in rasender Geschwindigkeit.1)
Es handelte sich um eine moderne, eben digitale WhatsApp-Gruppe, die eine erstaunlich intensive Gruppendynamik entwickelte. Schon der Gründungsmythos mit dem Eröffnen der Gruppe setzt auf die spätere Radikalisierung und er beginnt mit der „ersten großen Ansprache“, so steht es im ersten Tweet des selbst ernannten Anführers, des „Amirs“ und der Festlegung des Namens der Gruppe: Ansaar Al Khilafat Al Islamiyya. Zu dieser Gruppe gehörten Jugendliche, die sich an die Ordnung des „Amirs“, zu halten hatten. Die Ordnung war strikt, die Mitglieder wurden von dem „Amir“ und einem engen Kreis an Gefolgsleuten äußerst autoritär und intelligent geführt. Je nach den individuellen Motiven und Bedürfnissen wurden die einzelnen Mitglieder bestärkt oder sanktioniert. Die Gruppe verhandelte die Beziehungen zu anderen Gruppen, den Eltern, dem Islam und den Moscheegemeinen, Identitäten sowie Wunschbilder und religiöse Fragen. Sie entwickelte dabei immer stärker eine sehr eigene, ideologisch enge, fragmentarische und sehr unislamische Ideologie. Es war ein Lego-Islam, der sich aus Spekulationen, Fragmenten von durch Terroristen vorgetragenen Predigten sowie Koranversen so zusammensetzte, dass er zu einem überbordenden Bild der Gruppe als Kämpfer für das Kalifat erschien. Die Gruppe gab sich eigene Regeln, wie beispielsweise ein eigenes System der Aufnahme und des Ausschlusses von Mitgliedern. Sie verhandelte Alltagsprobleme und Entwicklungsaufgaben, die für junge Menschen normal sind. Ohne eine autoritäre, hierarchische, aber auch von den Mitgliedern immer wieder selbst verpflichtete Unterordnung und ständige Kontrolle der Dynamik der Gruppe, wäre die Radikalisierung, die am Ende zu einem Attentat durch zwei Gruppenmitglieder führte, kaum zu verstehen. Hier handelte eine Gruppe, keine Ansammlung von Individuen. Es handelte keine terroristische Organisation, sondern eine selbst ernannte Kleingruppe,
die sich auf eine größere Organisation (den IS) berief. Die eigene Ideologie und Identität der Gruppe als IS-Kämpfer, ihre Vision, Mujaheddin und Mitglieder in einem idealisierten Kalifat zu werden, ihr Austausch von Feindbildern und Misstrauen selbst gegen die Eltern, Moscheegemeinden und andere extremistische Gruppen waren entscheidend für die Taten Einzelner. Auch wenn das alles weitgehend digital in einem Chat verlief und verhandelt wurde sowie durch reale Treffen einiger Jugendlicher, die vorher ebenfalls digital verabredet wurden.
Ganz ähnliche Beispiele ließen sich in anderen bekannten Terrorgruppen finden, seien sie nun digital oder analog. Die enge und autoritäre Gruppendynamik der linksextremistischen Terrorgruppe Rote-Armee-Fraktion (RAF), die mit ihren Terroranschlägen die bundesrepublikanische Gesellschaft der 1970er-Jahre prägte, wies ähnliche enge und autoritäre Strukturen und Gruppendynamiken auf.2) Vor kurzem wurde der Prozess gegen die rechtsextremistische Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) abgeurteilt, die im Kern aus einer Terrorzelle bestand, welche in ein Unterstützungsnetzwerk eingebettet war.3)
Dieser historische Prozess, der von Mai 2013 bis Juli 2018 viele Details aufgearbeitet hat, zeichnet ebenso das Bild einer engen und gut organisierten Gruppendynamik nach, die es ermöglichte, zehn Morde, Raubüberfalle und Propagandadelikte durchzuführen.4)
Das Terrortrio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Bönhardt hatte seine eigene Koordinationsstruktur und Gruppendynamik, und sie waren fähig, auf ein gut organisiertes Unterstützungsumfeld zurückzugreifen. Dass aktuell immer mehr Kleingruppen bzw. Terrorzellen im Spektrum des Rechtsextremismus erscheinen, folgt einer Tradition, die sich schon zu Beginn des NSU ankündigte.
Die drei Beispiele aus unterschiedlichen Zeiten und von ideologisch vollkommen unterschiedlichen Terrorgruppen machen deutlich, wie relevant ein Verständnis von Gruppendynamiken für das Verständnis der Radikalisierung, des Extremismus, aber auch für die Erkennung, Analyse, Prävention und Intervention ist. Extremismus und Terror gehen von sozialen Gruppen aus, und Radikalisierungsprozesse erfolgen in Gruppen. Mit dieser einfach anmutenden Annahme ist der folgende Beitrag geschrieben. Es geht darin um extremistische Gruppen, also Ansammlungen von Menschen, die kooperieren und koordinierte Aktivitäten unternehmen, die direkt, analog oder digital kommunizieren und interagieren, extremistische Ideologien und Ziele teilen und im extremsten Falle eine extremistische Tat begehen. Diese Gruppen sind organisiert und in Organisationen eingebettet. Es soll dabei jedoch weniger um Organisationen und ihre Strukturen gehen, die in Kapitel 2 bzw. den Modulen 2.1 bis 2.4 erörtert werden. Es geht um einen interdisziplinären Blick auf Dynamiken zwischen Gruppenmitgliedern, also den Individuen in der Beziehung zu ihrer sozialen Umwelt. Das Kapitel knüpft dabei an Modul 3.1 auf der gesellschaftlichen Ebene an und ergänzt Modul 3.3., welches die individuelle Ebene vertieft, wie auch Modul 3.4, welches Dynamiken und Einflüsse der digitalen Welt und digitaler Radikalisierungen erörtert.
Gruppen lassen sich nicht ohne ihre gesellschaftliche Umwelt verstehen. Der folgende Blick auf die Dynamik von und in extremistischen Gruppen blendet zunächst Umwelteinflüsse auf Gruppen und damit ihre Einbettung in historische, kulturelle, strukturelle und soziale Umstände aus. Selbstverständlich spielen diese eine Rolle. Extremistische Gruppen entstehen vor allem in gesellschaftlichen Krisen- und Konfliktlagen. Extremismus und Terror entstehen und verankern sich leichter in Regionen mit massiver sozialer Ungleichheit. Die oben genannten Terrorgruppen reagierten auf die historischen und gesellschaftlichen Umstände und innergesellschaftlichen Konflikte. Es ist wichtig, diese zu kennen. Extremistische Gruppen sind ebenso in Unterstützungsnetzwerke eingebunden und bilden Milieus, die zur Erklärung ihrer Entstehung und Wirkung zwingend zu beachten sind.5)
Diese Einflüsse werden im Folgenden allerdings zurückhaltender diskutiert, um den Blick enger auf die Gruppen richten zu können. Dies umso mehr, als in vielen Analysen des Extremismus die These geteilt wird, dass Gruppen und Gruppendynamiken eine entscheidende Rolle, wenn nicht sogar „die“ entscheidende Rolle bei der Radikalisierung von Menschen in den Extremismus, aber auch bei der Frage der Deradikalisierung oder Entbindung aus dem Extremismus haben. Dieses ist ganz aktuell angesichts der Beobachtungen des modernen Extremismus. So zeigen gegenwärtige Analysen des Rechtsextremismus, Linksextremismus, aber auch des islamistischen und v. a. neo-salafistischen Extremismus, dass eng vernetzte Kleingruppen eine hohe Bindungskraft entfalten und bei allen globalen Terrorbewegungen die Organisation in diesen Kleingruppen angestiegen ist.
Anders als Beiträge zur Extremismus- und Terrorismusforschung, die in weiten Teilen eher den Blick auf spezifische Organisationen und Organisationsformen richten, fragt der vorliegende Beitrag zunächst, welche Regeln und Prozesse wesentlich sind bei der Aufnahme von Mitgliedern in extremistische Gruppen. Und weiter: Welche Gruppenprozesse und -strukturen sind wesentlich für das Verständnis des Extremismus? Welche Dynamiken in Gruppen erzeugen Radikalisierungen in die Gewalt? Welche Dynamiken in Gruppen prägen den Zusammenhalt, welche lassen ihn schwinden? Welche Bedeutung haben andere Gruppen, welche Bedeutung haben „Feinde“ von extremistischen Gruppen? Die intergruppale Dynamik, also die Auseinandersetzung von Gruppen mit anderen Gruppen, die als Fremdgruppen (Outgroups) wahrgenommen werden, spielt eine wesentliche Rolle, wie schon in Modul 3.1 ausgeführt wurde. Einerseits berührt sie die Frage nach der Wechselwirkung von Gruppen mit ihrem sozialen Kontext. Die gesellschaftliche Umwelt von Gruppen kann extremistische Gruppen erzeugen, radikalisieren und auch auflösen. Sie fragt aber auch, warum Individuen, die wenig oder gar nicht extremistisch organisiert sind, sich in der Gruppe verändern und zu Menschen werden, die sich dem Extremismus unterwerfen.
Der Dreh- und Angelpunkt des vorliegenden Kapitels ist also die extremistische Gruppe, ihre Merkmale, Dynamik und Prozesse in und zwischen Gruppen. Der Artikel beruft sich auf die Erkenntnisse der sozialpsychologischen Gruppenperspektive und erklärt, wie es zu Gruppenprozessen in extremistischen Gruppen kommen kann.
Der sozialpsychologische Blick richtet sich auf die Wechselwirkung von extremistischen Gruppen und ihrer sozialen Umwelt. Extremismus und Radikalisierung sind, wie es in Kapitel 2 ausgeführt wird, soziale Phänomene, welche aus der Wechselwirkung von Individuen und Gruppen mit ihrer sozialen Umwelt in einer charakteristischen Gesellschaft und zu einer bestimmten historischen Zeit resultieren. Radikalisierung in extremistischen Gruppen ist ein Prozess, bei dem Individuen immer stärker Mitglieder werden und so von gesellschaftlich geteilten Normen, Wertvorstellungen und Konventionen abweichen und die Ideologien der extremistischen Gruppe übernehmen und in feindselige Distanz zur Gesellschaft gehen.6) Im äußersten Fall schließen sich die Individuen im Verlaufe der Radikalisierung terroristischen Gruppen an und werden so zu Terroristinnen und Terroristen. Im weniger extremen Fall schließen sie sich radikalen populistischen oder extremistischen Gruppen an, die nicht direkt terroristische Ziele verfolgen. Radikalisierung ist mit Sicht auf Gruppenprozesse ein Phänomen der Polarisierung von Realitätswahrnehmungen, Normen, Einstellungen, Überzeugungen wie auch sozialen Emotionen, Identitäten und Verhaltensweisen. Polarisierung beschreibt im Kontext der vorliegenden Analyse eine Konzentrierung auf die radikale oder extremistische Gruppe. Die Gruppe mit ihren radikalen und extremen Ideen wird zum Orientierungs- und Fluchtpunkt von Individuen und mit der Polarisierung ihrer Mitglieder „extremisiert“ sich die Gruppe weiter. Sie verengt ihre Identität und Überzeugungen, wird exklusiver für andere, übt mehr Druck auf die einzelnen Gruppenmitglieder aus, setzt ihre Ziele gegen reale oder imaginierte Feinde immer enger und wählt immer riskantere Handlungen.
Die Sympathien von Individuen mit extremistischen Gruppen können dabei erst relativ harmlos und ideologisch kaum motiviert sein. Viele Analysen der Radikalisierung durch das Internet zeigen, wie einzelne Personen, die sich z. T. ohne Kenntnis, auf welchen Internetseiten und in welchen sozialen Netzwerken sie sich bewegen, in eine Radikalisierung hineingezogen werden.7) Dies war ähnlich im Falle des islamistischen Terroranschlages von Arid Uka, der im März 2011 zwei US-amerikanische Soldaten in Deutschland tötete und zwei weitere schwer verletzte. Unsere eigenen Fallanalysen haben gezeigt, wie der Täter von einem Sympathisanten mit zunächst weniger extremistischen Ideen über den Islam und die Lebenswelt von Muslimen durch die Kommunikation im Internet und Erfahrungen außerhalb des Netzwerkes eine immer extremere Person wurde, die schließlich einen Terroranschlag beging.8) Selbst bei diesem Einzelfall, der sich scheinbar wie ein „einsamer Wolf“ radikalisierte, spielten Gruppenprozesse eine Rolle, weshalb die Bezeichnung einsamer Wolf heute als ungenau gilt, wie kürzlich eine renommierte Forschungsgruppe um den Terrorismusforscher Bart Schuurman (2017) festgestellt hat. Der Gruppenforscher Turk (1985) hat schon früh darauf verwiesen, dass mit dem Grad der Organisation von Gewalt in Gruppen die Wahrscheinlichkeit der Radikalisierung Einzelner sinkt. Der Terrorismus braucht daher umso mehr zur Organisation der politischen, physischen und psychischen Gewalt eine gute Organisation von Gruppen. Ohne eine Bezugsgruppe oder Ingroup, mit der sich der Attentäter Arid Uka in extremer Weise identifizierte, hätte er sich nicht bis zum Attentat radikalisiert. Diese Gruppe kann analog oder digital, real oder nur vorgestellt sein. Wesentlich ist das Ausmaß sozialer Identifikation. Einen ähnlichen Radikalisierungsverlauf mit ganz anderer ideologischer Orientierung hat der norwegische Rechtsterrorist Anders Breivik entwickelt, der am 22. Juli 2011 bei Anschlägen in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen getötet hat.9) Breivik war von 1999 bis 2006 Mitglied der rechtspopulistischen Fremskrittpartiet und engagierte sich bis 2007 in deren Jugendorganisation. Er war von 2007 bis zum Terrorakt Mitglied in einer Freimaurerloge des christlichen Norwegischen Freimaurerordens und kommunizierte seit 2009 im rechtsextremen Forum nordisk.nu sowie auf der Website der islamfeindlichen Zeitschrift Document.no. Zudem beteiligte er sich am Aufbau eines norwegischen Ablegers der islamfeindlichen Norsk forsvarsallianse, einem Ableger der English Defence League, wo er sich unter anderem als norwegischer Kreuzritter unter dem Pseudonym Sigurd Jorsalfar inszenierte. Auch wenn rechtsextremistische und islamfeindliche Gruppen sich von Breivik distanzierten, bezog er sich darauf, Mitglied zu sein. Er konstruierte und inszenierte eine eigene nationalgesinnte Identität, die ihn veranlasste, die Tötung insbesondere von jungen Sozialistinnen und Sozialisten als Verteidigung Europas zu rechtfertigen. Ähnlich verhielt sich der rechtsextreme Attentäter von Christchurch, der im März 2019 50 Menschen tötete und weitere 50 Personen verletzte. Er berief sich auf Breivik und auf Ideologien der Neuen Rechten. Er bewegte sich vorher in rechtspopulistischen und rechtsextremen Gruppen und bildete die Ideologie aus, den Terroranschlag für „die weiße Rasse“ durchzuführen. Gerade in modernen digitalen Gesellschaften spielt die Inszenierung von Identitäten, die imaginierte Gruppen repräsentieren, eine wichtige Rolle für den Extremismus.10) Eindeutiger von Gruppen geprägt scheint umso mehr der Extremismus traditioneller Terrorgruppen. Der Fall des rechtsextremistischen NSU (Nationalsozialistischer Untergrund), der die jüngere Geschichte Deutschlands geprägt hat, hat besonders deutlich gemacht, wie bedeutsam Gruppenstrukturen und -dynamiken für den Extremismus sind.11) Auch wenn weiterhin über viele offene Fragen zu dieser Terrorgruppe und ihr Unterstützungsfeld spekuliert werden muss, haben die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Bönhardt sowie Beate Zschäpe, die im Juli 2018 verurteilt wurde, sich über viele Jahre hinweg immer stärker in einer sozial äußerst engen Bindung und Gruppendynamik radikalisiert und sind in ihren Ideologien sowie ihren Handlungen eskaliert.
Dabei zeigte sich schon früh, wie klar strukturiert die Gruppe in ihren Rollen, Normen und Wertvorstellungen, aber auch in ihrer Organisation des Alltags war.12) In dem Trio verschwanden die Grenzen zwischen Gruppenstruktur und persönlichem Beziehungsgefüge. Zumindest zu Beginn der Entwicklung des NSU schienen die Gruppennormen und -regeln dieser terroristischen Zelle fast wesentlicher als ihre ideologische Entwicklung. Solche Dynamiken, Prozesse und Gruppenstrukturen finden sich in nahezu allen Terrorgruppen, seien sie politisch, sozial oder religiös orientiert. Sie zu verstehen, ist notwendig.
Ohne ein Wissen über Gruppenstrukturen und -dynamiken sind Extremismus und der Prozess der Radikalisierung also nicht einfach zu verstehen, selbst dann, wenn sich im modernen Zeitalter der digitalen Kommunikation Gruppen auch ohne direkte Kontakte oder Face-to-Face-Interaktion bilden oder sich Individuen digitalen Gruppen oder Netzwerken anschließen. Radikalisierung ist ein Prozess der Hinwendung zu Gruppen. Deradikalisierung ist ein Prozess der Abwendung und Entbindung von Gruppen. Der Prozess der Hinwendung zu radikalen Gruppen ist dabei ein Prozess der Annahme der Identität und Ideologien einer Gruppe, also des „Einswerdens“ mit der Gruppe.
Gruppen verstehen
Gruppenprozesse sind komplex und vielschichtig, und die Mitglieder von Gruppen verhalten sich untereinander sehr unterschiedlich. Sie gelangen mit ihren individuellen sozialen Motiven in solche Gruppen, die diese mehr oder minder befriedigen. Gruppen müssen orchestriert werden und brauchen eine Kooperations- und Kommunikationsstruktur, Regeln und Aufgabenverteilungen. Um zentrale Strukturen und Prozesse der Radikalisierung von Individuen in extremistischen Gruppen zu verstehen, sollen im Folgenden Erkenntnisse der Gruppenforschung mit der Forschung zum Extremismus, der Radikalisierung und des Terrorismus verbunden werden.
Zum Verständnis von extremistischen Gruppen ist es zunächst relevant, die zentralen Elemente hervorzuheben, die Gruppen prägen. Selbstverständlich unterscheiden sich die Gruppen nach ihrer Ideologie. Linksextremismus, Rechtsextremismus, Islamismus und andere Extremismusphänomene werden in Kapitel 2 voneinander unterschieden und verglichen. Ideologien erzeugen in gewissem Maße Gruppenstrukturen, weil sie Ziele ansprechen, Feindbilder enthalten, Identitäten kreieren und mit unterschiedlichen Konzepten von Gemeinschaften verbunden sind (siehe unten). Allerdings sind trotz aller Unterschiede in den Ideologien extremistischer Gruppen die bestimmenden Gruppenstrukturen sehr ähnlich. Eine Analyse der Gruppendynamik extremistischer Gruppen ist geprägt von der Frage: Was macht eine extremistische Gruppe aus, unabhängig von ihrer spezifischen Ideologie, Identität oder ihren Praktiken? Welche Strukturen von Gruppen sind wichtig, damit sie Mitglieder binden und sich aufrechterhalten können?
Eine zweite Grundfrage zum Verständnis extremistischer Gruppen ist die Frage nach den Prozessen und Dynamiken. Welche grundlegenden Prozesse und Entwicklungen prägen extremistische Gruppen? Diese Frage ist relevant, um die Stabilität und den gegenseitigen Einfluss zu verstehen. Extremistisch orientierte Gruppen, seien sie auch noch so zellenförmig und isoliert, radikalisieren sich nicht automatisch und ungebremst bis zum Terroranschlag oder anderen Gewalttaten. Extremistische Gruppen bilden sich auch nicht aus dem Nichts bzw. in einem sozialen Vakuum, und sie bilden auch keine konstanten Blasen, auch wenn dies bei manchen digital abgeschotteten Netzwerken so scheint. Sie neigen zwar insbesondere dann zur Isolierung, wenn sie verfolgt werden oder Anschlagsplanungen vornehmen, aber auch dabei interagieren sie mit anderen und reagieren auf ihre Umwelt. Extremistische Gruppen entstehen in Gesellschaften und nehmen die dort vorhandenen Krisen und Konflikte auf. Dies bedingt die Entstehung dieser Gruppen und auch deren Auflösung oder Prozesse der Veränderung, etwa wenn Gruppen in anderen, z. T. neuen extremistischen Gruppen oder Bewegungen aufgehen. Gruppen verändern sich und daher ist die Frage interessant: Gibt es typische Verlaufsformen der Gruppenentwicklung?
Extremistische Gruppen bilden sich und sie können zerfallen. Dabei spielen Kooperations- und Koordinationsverluste und -konflikte in und zwischen Gruppen oder Gegnern eine Rolle. Sie können in Untergruppen zersplittern oder von anderen Gruppen und Bewegungen übernommen werden. Einige extremistische Gruppen halten sich über sehr lange Zeit, trotz aller Versuche, sie zu bekämpfen. Größere Verbünde wie die Terrorgruppe Al-Qaida haben es trotz massiver militärischer Gegenwehr geschafft, seit 1993 zu bestehen. Dies ist teilweise möglich, weil sich die Terrorgruppe aus einer sozialen Bewegung entwickelte und in miteinander korrespondierende Splittergruppen zerfiel. Zur Gruppendynamik gehört auch, dass extremistische Gruppen unter ständigem innerem Druck stehen. Sie leben von Konflikten und Kämpfen, z. B. um Machtpositionen. Wie also entwickeln sich radikale Gruppen? Dazu hat die Extremismusforschung bislang kaum Theorien entwickelt. Allerdings bietet die sozialpsychologische Gruppenforschung interessante Modelle zur Entwicklung von Gruppen, die für das Verständnis relevant sind.
Während die ersten beiden Fragen nach der Gruppendynamik und -entwicklung zu den Grundfragen einer Gruppenanalyse gehören, müssen mit Blick auf extremistische Gruppen weitere vertiefende Fragen gestellt werden, die für das Verständnis von Radikalisierungen und den Zusammenhalt von Gruppen bedeutsam sind. Extremistische Gruppen verlangen viel von ihren Mitgliedern, denn diese müssen sich in Distanz zur Gesellschaft setzen, teilweise wird von ihnen auch eine Abwendung von ihrem sozialen Umfeld oder eine Konversion verlangt.13) Umso mehr sind sie auf die Fähigkeit, Mitglieder zu rekrutieren, angewiesen.14) Heute ist bekannt, dass die Terrorgruppe IS die Rekrutierung von Kämpferinnen und Kämpfern aus dem Westen im Internet sowie durch westliche Rekrutiererinnen und Rekrutierern professionell organisierte.15) Gerade extremistische Gruppen verlangen autoritären Gehorsam, Loyalität und Konformität gegenüber der Ideologie und verpflichten ihre Mitglieder nach Aufnahmekriterien sowie durch Aufnahmerituale und -regeln. Das ist im Westen nicht erst seit den Anwerbungen für islamistische Kämpferinnen und Kämpfer bekannt. Die RAF hatte eine straff und autoritär organisierte Form der Anwerbung. Rechtsextremistische Gruppen und Neonazis haben Initiationsriten und -rituale für die Aufnahme von Mitgliedern entwickelt.16) Daneben definieren gerade extremistische Gruppen ihre Identität als knappe Ressource und verlangen Identitätsbeweise. Sie stehen zudem ständig in der Gefahr, dass ihre Mitglieder nicht folgen, eigene Akzente setzen bzw. die Gruppennormen nicht erfüllen, oder dass sie durch „Fremde“ aufgedeckt oder von innen unterlaufen werden.
Die Forschung zur Rekrutierung, Mobilisierung und zum Einstieg in extremistische Gruppen hat einige wichtige Dynamiken erkannt und Beiträge zu einer Kernfrage geleistet: Wie werden Individuen Mitglieder in extremistischen Gruppen? Es muss geklärt werden, wie Menschen, die individuelle Beziehungen, wie Wahrnehmungen, Affekte, Einstellungen etc. haben, Teil einer Gruppe werden. Extremistische Gruppen haben eine Gruppendynamik, die das Verhalten, Denken, die Emotionen und Beziehungen der Einzelnen reguliert und sie durch Einflussnahme verändert. In extremistischen Gruppen bestimmen Maßnahmen zur Herstellung von Gruppenkohäsion, also von Bindung, Commitment und Zusammenhalt sowie der soziale Einfluss und Gruppendruck, die Stabilität und Entwicklung der Gruppe. Ebenso entsteht in Gruppen eine Uniformität, die notwendig ist, um die Gruppe aufrechtzuerhalten. Es ist wichtig, zu verstehen, welche Prozesse Individuen in Gruppen binden und wie der Zusammenhalt hergestellt oder auch gefährdet wird.
Dabei ist der Prozess der Identitätsveränderung von Individuen zu Gruppenmitgliedern maßgeblich für das Verständnis des Extremismus und der Radikalisierung. Sowohl die Handlungen der Gruppen, ihr Zusammenhalt als auch Prozesse der Veränderung von Individuen zu Gruppenmitgliedern sind als Identifikationsprozesse zu verstehen. Dabei spielen wiederum Abgrenzungen zu anderen Gruppen eine wichtige Rolle für die Identität und Identifikation. Extremistische Identitäten sind Konfliktphänomene. Extremistische Gruppen, insbesondere jene mit aggressiven und gewaltorientierten Zielen, sind geprägt von massiven Konflikten mit Gesellschaften bzw. anderen Gruppen. Der Konflikt zwischen extremistischen Gruppen, ihrer gesellschaftlichen Umwelt und Institutionen, die auf sie reagieren, ist Klammer und Scharnier für den Extremismus. Die extremistische Identität, die die Gruppenmitglieder teilen, basiert auf Unterscheidungsprozessen zu anderen Gruppen. Extremistische Gruppen brauchen trotz ihrer Abschottung andere Gruppen zur Herstellung einer Identität und für den Zusammenhalt der Ingroup, also der Bezugsgruppe. Sind radikale und extremistische Gruppen darin erfolgreich, sich von anderen Gruppen abzusetzen, dann kann es ihnen unter Umständen auch gelingen, zu einer größeren oder kleineren sozialen Bewegung zu werden, die dann bislang weniger extremistische Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft bindet.17) Darauf geht der Beitrag später noch genauer ein.
Richten sich die bislang gestellten Fragen auf die Entwicklung und Radikalisierung, sollte das Thema Prävention und Intervention sich insbesondere mit dem Ende von Gruppen bzw. den Ausstieg von Personen aus extremistischen Gruppen beschäftigen. Eine wichtige Praxisfrage ist: Wann und warum steigen Mitglieder aus extremistischen Gruppen aus, wann lösen sich Gruppen auf? Auch hierzu bietet die Gruppenforschung interessante Ansätze, und die Extremismusforschung hat einige wichtige Beobachtungen zum Ausstieg von Gruppenmitgliedern gemacht.
Prävention und Intervention sowie Analysen von Institutionen, die mit der Sicherheit der Zivilgesellschaft befasst sind, stellen grundsätzlich die Frage: Welche Risiken gehen von extremistischen Gruppen aus? Tatsächlich lassen sich Indikatoren und Hinweise auf Risikopotenziale von extremistischen Gruppen finden, die aus den zuvor beschriebenen Aspekten hervorgehen. Sie werden später umfänglich dargestellt, weil sie einen neuen, wenn auch umfassenden und schwer zu erfassenden Blick vorschlagen.
Im Folgenden sollen die ersten Beobachtungen präzisiert und die Grundfragen an ein Verständnis von Gruppenprozessen genauer erörtert werden. Die spezifischen extremistischen Gruppen, gleichgültig ob Rechtsextremismus, Linksextremismus, ethnisch-nationaler Separatismus oder Islamismus, werden dabei nicht getrennt, sondern immer wieder unter dem Aspekt von verallgemeinerbaren Gruppenprozessen betrachtet. Es wird also angenommen, dass die grundlegenden Gruppendynamiken, -strukturen und -prozesse in ihrer Sozialpsychologie nicht wesentlich unterschiedlich sind. Das muss allerdings am Ende noch einmal überdacht werden und es sollten einige zentrale Unterschiede der verschiedenen aktuellen extremistischen Milieus genannt werden. Ebenso zeigen sich zahlreiche Forschungslücken und unerledigte wissenschaftliche Aufgaben, wenn nach dem Wissen über Prozesse und Dynamiken von extremistischen Gruppen gefragt wird. Erst wenn diese benannt sind, können auch Herausforderungen für die Prävention und Intervention abgeleitet werden, die in Kapitel 5 und 6 genauer ausgeführt werden.
Zentrale Elemente extremistischer Gruppen
Gruppen sind mehr als die Ansammlung ihrer Individuen, seien die Mitglieder und ihre psychologischen Dispositionen für den Extremismus auch noch so unterschiedlich.18) Gruppen sind mehr als Kategorien, also Ordnungseinheiten, nach denen sich Klassen bilden lassen, wie Nationen, Religionen oder Schichten. Gruppen sind auch nicht mit den Strukturen und Elementen der Gesellschaften, in die sie eingebunden sind, gleichzusetzen. Gruppen haben eine eigene Realität und sind abgrenzbar von Individuen.19) Der Psychologe Kurt Lewin (1952) betonte, dass Gruppen eine eigene „Gestalt“ haben, das heißt zugleich, dass Individuen sich in Gruppen anders verhalten als außerhalb von Gruppen und Gruppen eine eigene Lebenswelt bilden. Gruppen besitzen einzigartige Eigenschaften, die sich aus dem Beziehungsnetzwerk ihrer Mitglieder ergeben. Der Sozialpsychologe Salomon Asch (1952) hat dazu eine Wasser-Analogie referiert: Wasser besteht aus Wasserstoff und Sauerstoff und lässt sich nicht aus beiden getrennten Elementen erfassen. Ebenso ist eine Gruppe mehr als die Summe ihrer Teile. In der europäischen Tradition der empirischen sozialpsychologischen Gruppenforschung hat sich immer stärker die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich Menschen in Gruppen anders verhalten und sich nicht auf eine Psychologie der Einzelnen reduzieren lassen. Der Eintritt in eine Gruppe bedeutet eine Veränderung des Individuums zu einem Gruppenmitglied.
Wesentlich für jede Gruppe, sei sie nun real in einem bestimmten Lebensraum oder auch nur eine digitale Gruppe, ist eine Struktur, die sich so organisiert, dass Kooperation und Koordination möglich sind. Die Forschung über Gruppenprozesse in Kleingruppen sowie die sogenannte Intergruppenforschung, die sich mit Beziehungen zwischen Gruppen beschäftigt, hat wesentliche Elemente von Gruppen bestimmt.20) Gruppen prägen als Einheit eine eigene Realität. Diese Realität von Gruppen entwickelt sich aus der gemeinsamen Wahrnehmung von sich selbst als Mitglied der gleichen sozialen Einheit und den vielfältigen Beziehungen untereinander in dieser Einheit. Mit diesen Wahrnehmungen sind verschiedene Konsequenzen der Gruppenaktivität und -dynamik verbunden, wie z. B. die Entstehung von zentralen Strukturen und Elementen der Gruppe, die von den Mitgliedern übernommen werden und ihr Verhalten beeinflussen.
Die zentralen Strukturelemente, die für Gruppen notwendig oder hinreichend sind, werden in der Forschung unterschiedlich festgelegt, systematisiert und interpretiert. Sie lassen sich bereits in den Definitionen von Gruppen finden. Wesentlich bestimmt sich demnach eine Gruppe aus einer Beziehung. Lindgren21) meinte: „Wenn zwei oder mehr Personen in irgendeiner Beziehung zueinanderstehen, bilden sie eine Gruppe.“ Eine weitere klassische Definition von Gruppen bezieht sich auf den Kontakt und die gegenseitige Abhängigkeit (Interdependenz). „Eine Gruppe kann definiert werden als eine Mehrheit von Individuen, die in Kontakt miteinander stehen, aufeinander reagieren und in wesentlichen Punkten Gemeinsamkeiten erleben“22). Eine eher anspruchsvolle Definition legt weitere zentrale Elemente fest: „Eine sozialpsychologische Gruppe ist ein organisiertes System von zwei oder mehr Individuen, die so miteinander verbunden sind, dass in einem gewissen Grade gemeinsame Funktionen möglich sind, Rollenbeziehungen zwischen den Mitgliedern bestehen und Normen existieren, die das Verhalten der Gruppe und ihrer Mitglieder regeln“.23) Neben den Mitgliedern bestehen Gruppen aus weiteren Organisationseinheiten, Untergruppen und Netzwerken. Dies gilt auch und besonders für moderne extremistische Gruppen, die gut und professionell organisiert sind. Gut erforscht ist dies aktuell im Bereich des islamistischen Terrorismus. So hatte der moderne Islamismus neben den jihadistischen Gruppen, wie z. B. Islamische Jihad Union, Deutsche Taliban Mudschaheddin, die Islamische Bewegung Usbekistan oder Al-Qaida auch Struktureinheiten wie Medienabteilungen ausgebildet. Es gab und gibt in den genannten Gruppen Abteilungen, die für die Kommunikation verantwortlich sind und nicht in die Analyse der Gruppenaktivitäten fallen. Daneben gibt es die unübersehbaren sozialen Netzwerke, die durch radikale Personen oder Gruppen gegründet werden und sich zum Teil dann autonom, viral und mechanisch weiterbilden und sich über zentrale Personen und/oder weitere Netzwerke verbinden.24)
Im Folgenden sollen die wichtigsten Strukturelemente von Gruppen genannt werden, die auch extremistische Gruppen prägen und unterscheiden. Dabei werden zehn Elemente erläutert und auf extremistische Gruppen bezogen. Sie werden zur einfacheren Übersicht drei Gruppen zugeordnet. Die ersten Elemente bilden die zentralen Strukturen von Gruppen. Die zweite Gruppe an Elementen bezieht sich stärker auf die Dynamik in Gruppen, die dritte umfasst Elemente, die die jeweiligen Gruppen in ihrem Kontext betreffen.
Strukturelemente:
- Gruppengröße
- Interaktion und Kommunikationsgefüge
- Heterogenität und Homogenität der Mitglieder/Art der Zusammensetzung
- Organisationsstrukturen
- Normen und Werte
Dynamikelemente:
- Bindung und soziale Motivation
- Gruppen als Entwicklungsnischen der Sozialisation
- Konstanz und Kohärenz
Einbettungselemente:
- Soziale und räumliche Nähe
- Ideologie, Identität und Kohäsion
1. Gruppengröße
Gruppen lassen sich nach ihrer Größe unterscheiden und bestimmen. Diese hängt eng mit der Organisation, also Kooperations- und Koordinationsaufgaben, zusammen. Die Größenbestimmung einer Gruppe hilft zu definieren, um welche Art von Gruppe es sich handelt: eine Dyade, Kleinst- oder Kleingruppe, oder – mit Blick auf extremistische Gruppen – eine imaginierte (Religions-) Gemeinschaft, eine Bewegung, die wie „das Kalifat“ (IS-Ideologie) oder die „Rasse“ (rechtsextreme Ideologie) oder „die Herrschaft der Unterdrückten“ (linksextreme Überzeugung) handelt.25) In terroristischen Milieus finden sich auch Einzelgängerinnen und Einzelgänger, sogenannte Loner, die Anschläge alleine verüben und scheinbar weniger eng mit Gruppen direkt kooperieren. Allerdings zeigen nahezu alle Analysen, dass sie sich meist vorher in Gruppen bewegt haben und sich gerade Einzeltäterinnen und -täter auf Gruppen beziehen und angeben, die Tat für „die Gemeinschaft“ verübt zu haben. Im Extremismus finden sich auch zellenförmige Strukturen, die im modernen Terrorismus eine immer größere Rolle zu spielen scheinen. So haben sich sowohl aus den jihadistischen Gruppen Zellen gebildet, als auch aus rechtsextremen Kameradschaften oder linksextremistisch autonomen Gruppen. Der Fall der zwei Londoner Islamisten, die im Mai 2013 vor einer Kaserne einen Mann angefahren haben und dann mit einem Fleischerbeil töteten, ist ein Beispiel für Zellen, ebenso wie der sogenannte „NSU“. Kleingruppen oder Zellen bestehen aus Führungspersonen, Organisationsfiguren, die die Aufgabe der Koordinierung von Aktivitäten übernehmen und Beziehungen organisieren, Mitgliedern, die beteiligt sind, aber keinen übergreifenden Einfluss haben, sowie Randfiguren. Die „Bewegung 2. Juni“ oder die Kerngruppe der „Rote-Armee-Fraktion“ waren eher als Kleingruppen und Zellen organisiert. Bilden sich in extremistischen Milieus Zellstrukturen aus, weist dies auf Anschlagsgefahren hin (siehe unten).
2. Interaktion und Kommunikation
Die Gruppengröße hat einen Einfluss auf die in Gruppen notwendige Organisation der Interaktion und Kommunikation. Die bisher genannten Gruppen hatten mehr oder minder enge Face-to-Face-Kontakte und enge Absprachen. Größere Gruppen wie etwa Terrornetze sind auf eine eher dezentrale Detailsteuerung angewiesen.26) Die Interaktion und Kommunikation muss auch anders strukturiert und organisiert sein, je stärker sich Gruppen von vorherrschenden Normen abwenden und radikalisieren. Extremistische Gruppen weisen in der Regel sehr enge Führungszirkel auf. Diese greifen auf eine hoch organisierte Detailsteuerung zurück, sodass die Führung mit den Untergruppen und Mitgliedern nicht kommunizieren und interagieren muss. Im Zentrum steht eine ideologische Führungsspitze, die zeitlich stabil ist und Infrastrukturen bereitstellt. Unterhalb der Führungsebene gibt es eine Aktionsebene, die durch Gemeinschaften getragen wird und eigene Netzwerke aufweisen kann. Die genannten zellenförmigen Gruppen scheinen in vielen terroristischen Milieus ein modernes Phänomen zu sein, weil der Terrorismus globaler und größer wurde, Zellen mobiler sind und der Strafverfolgung eher entrinnen können. Zudem werden in terroristischen Bewegungen, wie z. B. im Bereich des islamistischen Terrorismus die Idee des führerlosen Widerstandes, zunehmend akzeptiert. Zellen haben eine Face-to-Face-Interaktionsstruktur, während sie mit der Bewegung, auf die sie sich beziehen, oft nicht mehr interagieren. Ebenso modern sind die professionelle Organisation und Pflege von sozialen Netzwerken aus Gruppen. Im Bereich des Jihadismus wurden Organisationen wie die @HSMPress durch die Terrorgruppe Al-Schabaab oder @almanarnews durch die Hisbollah bekannt. Diese Netzwerke bilden Gruppen, die den Übergang zwischen der eigenen Terrorgruppe und anderen Netzwerken sowie nicht direkten Mitgliedern herstellen.
3. Heterogenität und Homogenität
Gruppen können sozial, religiös, ethnisch-kulturell und, bezogen auf das Geschlecht, homogen oder heterogen sein. Auch in Bezug auf die Einstellungen, Ideologien und sozialen Motive können Gruppen homogen oder heterogen sein. Das Ausmaß der Unterschiede zwischen den Gruppenmitgliedern ist für die Organisation auch bei der Frage relevant, warum sich bestimmte extremistische Gruppen bilden. Homogene Gruppen sind dichter und erlauben eine einfache Identitätsbildung und Steuerung, allerdings sind heterogene Gruppen inklusiver und ermöglichen einen Zutritt für sehr unterschiedliche Personen. Die Heterogenität und Homogenität von Gruppen ist für die Attraktivität des digitalen Extremismus bzw. der extremistischen Online-Netzwerke relevant.27) Ebenso ist die These der „Filter-Blasen“ oder Echokammern oft mit der Annahme verbunden, insbesondere digitale Gruppen tendierten dazu, homogene Gruppen zu bilden und diese Homogenisierungstendenz befördere den Extremismus bzw. die Radikalisierung der Gruppe (vgl. auch Modul 3.4).28) Auch das Lebensalter von Gruppenmitgliedern kann die Homogenität und Heterogenität von Gruppen kennzeichnen und bestimmen. Gerade für den Bereich der Radikalisierung in extremistischen Gruppen können Peer-groups von Gleichaltrigen von anderen altersheterogenen Gruppen unterschieden werden. Jugendgruppen weisen eine andere Dynamik auf als Gruppen, die im Alter variieren. In Bezug auf die Frage, welche Rolle die Verschiedenheit der Mitglieder und Subgruppen in extremistischen Gruppen spielt, liegen keine verlässlichen Studien vor. Es liegt aber nahe, dass diese Faktoren insbesondere in global organisierten, extremistischen Gruppen oder mit Blick auf die notwendigen Integrationskräfte von Gruppen eine Rolle spielen. So wäre zum Beispiel anzunehmen, dass in Frankreich vor allem deshalb jihadistische Milieus entstanden sind, weil die prekären Lebensbedingungen in den Randgebieten der französischen Metropolen die Homogenität geradezu erzeugt haben. In Deutschland scheinen jihadistische Gruppen zum großen Teil attraktiv für junge Menschen zu sein, die sich mit „normalen“ Entwicklungsaufgaben beschäftigen und in Gruppen eine schnelle „Lösung“ suchen.29) Zudem ist zu beobachten, dass durch die virtuelle Vernetzung in nahezu allen radikalen und extremistischen Milieus die Heterogenität von Gruppen und Netzwerken immer mehr zunimmt.
4. Organisationsstrukturen
Gruppen haben erkennbare Organisationsstrukturen und -formen und können danach unterschieden werden. Diese sind auch schon mit Blick auf die Interaktion und Kommunikation angesprochen (siehe oben Element 2). Zur Organisationsstruktur von Gruppen gehört in jedem Fall eine Festlegung von Rollen. Extremistische Gruppen haben eine relativ gute Rollendifferenzierung innerhalb der Gruppe, wenn sie erfolgreich Mitglieder rekrutieren, mobilisieren, Propaganda betreiben und im äußersten Fall Anschläge verüben. Rollen sind das erwartete Verhalten, welches mit der Position in der Gruppe verbunden wird. Sie repräsentieren Arbeitsteilungen, statten die Gruppenmitglieder mit klaren sozialen Erwartungen sowie mit Informationen darüber aus, in welcher Beziehung die Gruppenmitglieder zueinanderstehen. Ebenso statten sie die Mitglieder mit Selbstdefinitionen aus und platzieren sie in der Gruppe. Damit erleichtern Rollen das Funktionieren der Gruppe. Rollen sind mit Prestige verbunden, welches durch die Hierarchie innerhalb der Gruppen zum Ausdruck kommt. Für die Organisation spielen Status- und Prestigepositionen, also soziale Hierarchien in Gruppen sowie die Führung eine wichtige Rolle. Jede Organisation von Individuen, die sich zu einer Gruppe entwickelt, geht mit der Bildung von Hierarchien einher. In radikalen und extremistischen Gruppen sind die Hierarchien und die Frage der Führung äußerst bedeutsam. Werden unterschiedlichste Terrorgruppen berücksichtigt, dann fällt auf, dass sich in jeder Gruppe Anführerinnen und Anführer sowie ihr Umfeld, das man als Elite bezeichnen könnte, bilden. Dies scheint mit dem höheren Organisationsgrad und einem eindeutig auf Terrorakte ausgerichteten Ziel einer extremistischen Gruppe noch deutlicher feststellbar. In Deutschland wurde die Rote-Armee-Fraktion (RAF) maßgeblich durch Andreas Baader beeinflusst und geführt und weniger von Ulrike Meinhof, als es die Bezeichnung „Baader-Meinhof-Gruppe“ nahelegt.30) Neue jihadistische Gruppen wie Al-Qaida, der sogenannte Islamische Staat (IS), Boko Haram und viele andere sind geprägt von Führungspersonen und inneren Kämpfen um die Führung, und dies ist ein wichtiger Faktor bei der Auflösung ebenso wie bei der Radikalisierung von Gruppen.31) Selbst das Terrortrio des NSU, das sicherlich ein Unterstützungsumfeld hatte, scheint maßgeblich von Beate Zschäpe geführt worden zu sein. Dabei ist schon länger bekannt, dass Führungspersonen in Gruppen weniger durch Charaktereigenschaften oder Charisma, welches sie angeblich ausstrahlen, in der Hierarchie oben stehen, sondern vielmehr von der Zuschreibung der Gruppe abhängen. Die Führungsposition und ihr Charisma werden ihnen zugeschrieben und diese Zuschreibung kann von ihnen durch sozialen Druck und Einflussnahme erzeugt werden.
Zur Organisation gehören neben der Führung auch und vor allem Kommunikationsnetzwerke. Hier sind insbesondere die sozialen Netzwerke im Internet ein maßgebliches Zeichen moderner extremistischer Gruppen, aber auch weniger extremistisch radikaler Netzwerkgruppen. Gruppen wie zum Beispiel die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ verfügen über größere virtuelle Netzwerke als aktive Mitglieder außerhalb der Online-Netzwerke. Die Kommunikationsnetzwerke entsprechen einem Satz von Regeln, die die Möglichkeit zur Kommunikation zwischen unterschiedlichen Rollen schaffen und diese erleichtern. Kommunikationsnetzwerke regulieren, wer wie mit wem worüber kommuniziert. Sie sind oftmals formalisiert und wesentlich für die Aufgabenspezialisierung, Belohnungssysteme und die Festlegung von Einfluss und Macht. Damit dienen sie ebenso dem Schutz der Führungspersonen. In der Regel weisen extremistische Gruppen mit hoher Terrorwahrscheinlichkeit radförmige Netzwerke auf. Ihre Kommunikation verläuft über zentrale Führungspersonen, die die Informationen überwachen und steuern. Sie verläuft weniger frei zwischen den Mitgliedern. In (neo-)salafistischen und islamistischen Gruppen scheinen dabei v. a. Prediger solche Knotenpunkte zu sein, die wichtig sind, um zeitlich und räumlich getrennte Mitglieder im Kommunikationsprozess zu vereinen. Die nahezu vollständige Analyse der zu Beginn des Beitrages genannten jugendlichen neo-salafistischen WhatsApp-Gruppe durch das Forschungsnetzwerk Radikalisierung und Prävention32) hat sehr deutlich das Netzwerk und die zentrale Kommunikation und Einflussnahme kenntlich gemacht. Die Gruppe wurde mit dem Ziel eines zu Beginn nicht näher bestimmten Attentates gegründet und band junge heranwachsende Musliminnen und Muslime in hoher Geschwindigkeit ein oder schloss sie aus, sodass nach wenigen Monaten ein Anschlag erfolgte. Ihr Charakteristikum war von Anfang an ein hohes Ausmaß autoritärer Strukturen, die von ständiger Kontrolle durch den selbst ernannten Führer, der sich „Amir“ nennt und selbst als IS-Botschafter inszeniert, geprägt waren. Dies ging so weit, dass seine scheinbar religiösen Texte, die er selbst zusammenstellte und in Distanz zu üblichen islamischen Auffassungen stellte, von den Anhängerinnen und Anhängern für den wahren Islam gehalten wurden.
Kilberg hat (2011) auf der Grundlage der Global Terrorism Database 254 linksextreme, rechtsextreme, jihadistische und andere Terrorgruppen nach ihrer typischen Struktur untersucht. Er unterscheidet vier Typen, und zwar:
1. Marktförmige Terrorgruppen, die eher einen führerlosen Widerstand verfolgten. Sie verfügten über wenig zentrale Strukturen und wären eher im Bereich des Links- und Rechtsextremismus zu finden. Sie bildeten sich zunächst weniger terrororientiert.
2. Gruppen mit einer „alle-Kanäle-Struktur“ seien hochgradige Netzwerke mit Führerschaft. Auch sie seien untereinander weniger kontrolliert, sie böten aber eine enge Verbindung zwischen den Mitgliedern. Die Führung hätte eher motivierende und ideengebende Funktion. Sozialrevolutionäre Terrorgruppen ließen sich hier zuordnen.
3. Ein dritter Gruppentyp sei wie ein Radnetz organsiert, wobei die Kommunikation über die Führung verlaufe. Sie fänden sich eher in Gesellschaften mit zivilen Rechten und Freiheiten. Kilberg nennt die baskische ETA als Beispiel.
4. Bürokratische Gruppen seien dagegen zentral gesteuerte und funktional hoch differenzierte Terrorgruppen. Sie verfügten über Propagandaabteilungen, Medienabteilungen, Waffengruppen usw. Sie seien wie „Regierungen“ organisiert. Hier nennt Kilberg die Hisbollah.
5. Normen und Werte
Die Organisation erfolgt in der Regel durch explizite oder implizite Normen. Gruppen haben bestimmte Verhaltens- und Kommunikationsregeln und Werte, die sie kenntlich machen, ihre Identität markieren und Verhaltenserwartungen darstellen. Die Gruppennormen bilden sich durch Interaktion und sie werden zu einem unverwechselbaren Bestandteil der Gruppe. Sie sind eng mit der Identität einer Gruppe verbunden. Gerade in extremistischen Gruppen sind weniger Ideologien im Sinne übergeordneter Ideen und Überzeugungen relevant, als vielmehr soziale Normen und Werte der Gruppe, die an Ideologien gebunden werden oder in den Ideologien erscheinen. Die Frage, inwieweit terroristische Gruppen nach charakteristischen Orientierungen bestimmt werden können, wird in der Forschung unterschiedlich bewertet. Erwiesen ist, dass Ideologien Normen umfassen und sie erzeugen, allerdings ist bisher keine vergleichende Studie bekannt, die das Konzept der Normen in den Vordergrund stellt. Das ist insofern ein Manko, als dass Prävention und Intervention alternative normative Systeme darstellen und vermitteln müssen.34) Die folgenden Elemente von Gruppen sind relevant zur Bestimmung der Gruppendynamik:
6. Bindung und soziale Motivation
Radikale, extremistische und noch viel mehr terroristische Gruppen haben hohe Kosten für ihre einzelnen Mitglieder. Sie erfordern einen hohen Einsatz, eine besondere Selbstverpflichtung und Gehorsam gegenüber den Gruppennormen, der Ideologie und Hierarchie, eventuell sogar die Bereitschaft, Straftaten auf sich zu nehmen oder Gewalt auszuüben, wie auch das gewohnte Umfeld zu verlassen und sich von der bisherigen Umwelt zu verabschieden und zu distanzieren. Eine zentrale Frage und Aufgabe für extremistische Gruppen ist es, Bindung und Zusammenhalt herzustellen. Extremistische Gruppen müssen aufgrund ihrer hohen Kosten, die vor allem in der Bereitschaft, sich von ihrer gewohnten Umwelt zu trennen und der Gruppe unterzuordnen, begründet sind, für die einzelnen Mitglieder klare Strukturen haben, die Bindung ermöglichen und Motivation erfordern. An dieser Stelle stellt sich die Frage, warum einzelne Mitglieder die hohen Kosten und Auflagen, die Gruppen ihnen aufzwingen, bereitwillig auf sich nehmen, zumindest so lange, bis alternative Wege wie Ausstiege oder ein Wechsel des Milieus aus eigenem Willen oder gezwungenermaßen (Verhaftung, Verfolgung durch die Gruppe etc.) attraktiver erscheinen. Diese Frage spielt beim Einstieg in Gruppen, der später noch erläutert wird, eine große Rolle, allerdings sind soziale Motive des Einstieges kaum von jenen zu trennen, die bei der Gruppendynamik, der Vermittlung der Ideologien und Identitäten und der Koordination von Gruppen eine Rolle spielen.
Individuen als Gruppenmitglieder haben spezifische Verhältnisse zu Gruppen, daher ist die Frage sinnvoll, warum gerade von der Gesellschaft extrem abweichende Gruppen, die unter Druck stehen und enge Strukturen aufweisen, so attraktiv sind. Eine wesentliche sozialpsychologische Antwort ist die Bedeutung extremistischer Gruppen für die Befriedigung von sozialen Motiven, die nur mit anderen zusammen erfüllt werden können. Herding und Langer (2015) haben junge deutsche Jihadistinnen und Jihadisten, die in Deutschland aufgewachsen sind, untersucht und drei zentrale Motive identifiziert. Erstens stellen sie fest, dass extremistische Gruppen eine Neuorientierung für Heranwachsende erlauben, insbesondere dann, wenn sie Schwierigkeiten mit der Identitätsfindung haben. Zweitens spielen Bedürfnisse nach „Action“ also z. B. Nervenkitzel, Protest und Provokation, eine Rolle. Das Motiv der Suche nach Erlebnissen (Sensation Seeking) ist in einigen qualitativen Studien ermittelt worden.35) Drittens sind extremistische Gruppen insbesondere für junge Heranwachsende interessant, die aus gescheiterten sozialen Beziehungen stammen und nur eine „misslungene“ Biografie vorweisen können.
Unsere eigenen Fallanalysen rechtsextremer und jihadistischer Gruppen sprechen dafür, dass weitere Motive eine zentrale Rolle beim Anschluss von Heranwachsenden an extremistische Gruppen spielen. Die Sozialpsychologin Susan Fiske (2013) hat in einem Review über zentrale soziale Motivationen von Individuen fünf Motive ausgemacht, die erklären, warum Menschen bereit sind, z. T. auf eigene Kosten Aggression und Gewalt gegen andere auszuüben, aber auch, anderen zu helfen. Wir haben diese Motive in einer umfassenden Fallanalyse rechtsextremer und islamistischer junger Täter ebenso zur Unterscheidung unterschiedlicher radikaler Biografen finden können. Demnach können Menschen in Gruppen jene sozialen Motive in kurzer und ausgesprochen intensiver Form befriedigen, die sie in ihrer gegenwärtigen Lebenswelt nicht hinreichend befriedigen können. Das wohl zentralste Motiv ist das soziale Motiv der Zugehörigkeit, also der Wunsch nach starken und stabilen Beziehungen. Radikale Gruppen versprechen und organisieren starke Zugehörigkeiten. In islamistischen Gruppen finden sich immer wieder Konzepte von „Brüderlichkeit“. Zweitens befriedigen Gruppen das eher kognitive Motiv, die soziale Umwelt zu verstehen, mit anderen Sinn und Bedeutungen zu teilen und Vorhersagen zu entwickeln, welche Meinungen und Handlungen welche Wirkungen erzeugen. In einigen zentralen Theorien der Radikalisierung wird die Suche nach Sinn und Bedeutung (Quest) z. B. als zentrales Motiv von Individuen genannt, das sie in terroristische Gruppen treibt; insbesondere die Forschungsgruppe des Terrorismusforschers Arie Kruglanski vertritt diesen Ansatz.36) So meinte ein ehemaliger Islamist, der sich intensiv mit dem Terror in Syrien und der Gewalt gegen Muslime beschäftigt hat, in einem Interview mit dem Autor dieses Beitrages, er wollte wissen, „was da passiert ist“ und terroristische Gruppen gaben ihm knappe und klare Erklärungen.
Die Sinnsuche (Quest) ist ein Motiv, welches wohl am häufigsten in der Terrorismusforschung als das zentrale Motiv der Radikalisierung genannt wird. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass junge Menschen in der Phase der Ablösung von ihren Elternhäusern eine eigene Identität entwickeln und intensiver anfangen, nach dem Lebenssinn zu suchen. Damit verbunden ist ein drittes soziales Motiv, welches eher kognitiv gesteuert ist. Menschen möchten Kontrolle und Einfluss ausüben, sie wollen „etwas gut machen“, wie der vom Autor interviewte ehemalige Jihadist meinte. Sie möchten einen Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und dem, was daraus folgt, sehen. Junge Menschen entwickeln Überzeugungen, Meinungen, üben Verhaltensweisen ein und entwickeln Emotionen gegenüber sozialen und politischen Sachverhalten. Diese können der Umwelt radikal erscheinen. Extremistische Gruppen bieten scheinbare Konsequenzen und Einfluss an. Viertens sind Individuen motiviert, einen positiven Selbstwert zu erlangen. Sie möchten als gut erscheinen und in ihrer Entwicklung auf Verbesserungen hoffen. „Wir sind die Besseren“, hätte die islamistische Gruppe ihnen suggeriert, meinte ein ehemaliger Salafist in einem Interview mit dem Autor dieses Beitrages. Manemann (2015) ist der Meinung, dass gerade an diesem Motiv Rekrutiererinnen und Rekrutierer des IS ansetzen würden. Sie böten ihren Anhängern einen Lebenssinn und versprächen eine starke Identität bzw. eine Überlegenheit der islamistischen Gemeinschaft. Dies träfe auf viele andere extremistische Gruppen ebenso zu.
Fünftens suchen Individuen Vertrauensverhältnisse und möchten darin sicher sein, wem sie misstrauen müssen. Gerade junge Heranwachsende möchten wahrgenommen werden, müssen Meinungen und Verhaltensweisen erproben, und dazu benötigen sie eine vertrauensvolle Umwelt. Extremistische Gruppen bieten dies an. Die genannten sozialen Motive sind universal. Alle Mitglieder einer Gesellschaft haben sie und versuchen, sie zusammen mit anderen, insbesondere in Gruppen, zu befriedigen; sie sind nicht spezifisch für extremistische Gruppen. Aber gerade das macht sie bedeutsam. Extremistische Gruppen suchen Individuen auf, die diese Motive aufweisen und sie bieten eine schnelle Befriedigung um den Preis der Unterwerfung an. Darin besteht meines Erachtens ein besonderes Risiko extremistischer Gruppen. Ihre Radikalität erweist sich auch darin, radikale Lösungen anzubieten.
7. Gruppen als Entwicklungsnischen
Mit dem Blick auf die Bedeutung der Erfüllung sozialer Motive in extremistischen Gruppen hat Zick (2017a/b) extremistische Gruppen als Entwicklungsnische beschrieben bzw. drauf verwiesen, dass extremistische Gruppen, gerade mit Blick auf die Einbindung von (insbesondere jungen) Menschen in modernen Gesellschaften, erfolgreich Mitglieder rekrutieren, weil sie ihnen Schutz und Fürsorge bieten. In Analysen von Fällen junger, heranwachsender, islamistischer und anderer radikalisierter Täter können Bielefelder Forscherinnen und Forscher zeigen, dass extremistische Gruppen dann erfolgreich Individuen rekrutieren, wenn sie vermeintlich zur Befriedigung von zentralen Sozialisationsmotiven der Einzelnen beitragen, also eine Nische für die Entwicklung bieten, die ihre „normale“ Lebensumwelt nicht bietet oder bieten kann.37)
Entwicklungsnischen umfassen dabei nach Super und Harkness (1985) drei zentrale Dimensionen:
(a) eine spezifische Gruppenkultur, welche Sitten, ein Schutz- und Fürsorgesystem sowie eine „Erziehung“ beinhaltet, (b) eine physikalische und soziale Umgebung für das Alltagsleben und (c) eine psychologische Unterstützung durch die „Erzieherinnen und Erzieher“. Zu der Kultur gehört auch eine Sprache, die prägend ist für radikale und/ oder extremistische Gruppen und die sich off- wie online bildet. Gerade mit Blick auf Netzwerke im Internet und die Kommunikation und Vernetzung von Gruppenmitgliedern in den sozialen Medien ist die Entwicklung eigener Sprachwelten für die Identität und den Zusammenhalt ein besonders wichtiges Element des Gruppenprozesses.38) Entwicklungsnischen stellen das Material für Handlungsskripte, Werte, Normen etc., also die wichtigen Elemente, die Gruppen ausmachen, bereit. Letztendlich entwickeln Individuen in Gruppen, die gute Entwicklungsnischen darstellen, einen Mitgliedschaftsentwurf, der ihnen Sinn und Identität verschafft. Extremistische Gruppendynamiken umfassen dabei nicht ständig außergewöhnliche und sinnaufgeladene Aktivitäten, sondern statten ihre Mitglieder ebenso mit Alltagskulturen aus. Hegghammer (2017) hat mit einem Forschungsteam jüngst eine umfassende Dokumentation der sogenannten „Jihadi-Kultur“ vorgenommen. Eine solche Jihadi-Kultur umfasst dabei alles, was ihre Mitglieder tun, wenn sie nicht kämpfen bzw. was nicht dem Zweck des Anschlages dient. Dazu gehören nach den Analysen auch Poesie, Gesang, Rituale oder Vorlieben für Kleidung, Nahrung und andere Alltagsgegenstände und -praktiken. Gesänge und Popmusik sind nicht nur für die Mitglieder der Terrorgruppe wichtig. Beim Jihadismus sind Naschids, islamisch religiöse Gesänge, beliebt. Sie werden von Jihadistinnen und Jihadisten gesungen. Die rechtsextreme Musikszene ist äußerst groß, umfangreich und vielfältig. Aber auch Literatur, Gedichte, Feiern, Heimatabende, gemeinsame Speisen und viele andere kulturelle Elemente spielen in den Gruppen eine Rolle.
Dabei können unterschiedliche extremistische Nischen den Prozess der Radikalisierung und die Alltagskulturen unterschiedlich prägen. Über die ideologisierten Erlebniswelten extremistischer Gruppen erfolgt der Einstieg in die Gruppe. Die Verfestigung der Gruppenidentität kann in der spezifischen inklusiven Netzwerknische erfolgen, die parallel durch die Einbettung in nicht-extremistische, aber radikale bürgerliche Nischenwelten unterstützt wird. Die gewaltnahe Radikalisierung kann durch Konfliktnischen erfolgen, in denen die direkte Auseinandersetzung mit „Feinden“ und Outgroups gesucht wird, deren Abwertung die Aufwertung der Ingroup befördern kann. In den Nischen findet der Gruppenprozess statt und die Identitätsbildung wird strukturiert. Radikale und extremistische Gruppen entwickeln spezifische gemeinschaftliche kulturelle Praxen, Rituale und Rollen, sie bieten eine Rekrutierung, Mobilisierung und Konfliktpraktiken an, wie z. B. auch die Teilnahme an Auseinandersetzungen in der virtuellen Onlinewelt, wie sie beim sogenannten „On Jihad“ zu finden ist.
8. Konstanz und Kohärez (Zusammenhalt)
Gruppen können nach Ad-hoc-Gruppen oder regelmäßigen Gruppen differenziert werden; sie bestehen kurzfristig oder länger. Radikale und extremistische Gruppen können sich zu Bewegungen entwickeln, wenn sie es, auch mittels Online-Propaganda und der Etablierung von Subkulturen39), schaffen, in ihrer Gesellschaft über längere Zeit konstant attraktiv zu sein und direkte oder indirekte Unterstützung zu erfahren. In der Rechtsextremismusforschung wird darüber diskutiert, inwieweit die unterschiedlichen und heterogenen rechtsextremen Gruppen eine Bewegung darstellen, weil sie sich seit den 1990er-Jahren zumindest in Deutschland trotz aller Differenz, Strafverfolgung und des gesellschaftlichen Wandels halten konnten. Ähnlich wird über rechtspopulistische Bewegungen diskutiert, weil Gruppen wie Pegida, die Identitäre Bewegung und andere neurechte und rechtspopulistische Gruppen sich nicht nur als Bewegung verstehen, sondern auch über einen längeren Zeitraum bestehen. Später wird deutlich, dass die Bewegungsforschung wichtige Beiträge zum Verständnis der Gruppendynamik liefert.
Die Konstanz einer Gruppe ist ein Zeitfaktor, der mit dem Zusammenhalt in der Gruppe eng verbunden ist. Gemeint sind hier die Kräfte, die wiedergeben, wie stark die Motivation ist, in einer Gruppe zu verbleiben. Diese Motivation der Mitglieder kann nach Stärke und Schwäche unterschieden werden, wobei anzunehmen ist, dass konstante Mitglieder zentralere Positionen einnehmen. Der Sozialpsychologe Argyle hat schon früh (1969) vorgeschlagen, Gruppen auch in Kombination der Konstanz und des Zusammenhaltes zu differenzieren. In modernen Gesellschaften werden z. B. Familien immer stärker zu Kleingruppen mit flachen Hierarchien und weniger klaren Aufgabentrennungen als traditionelle Familien. Allein aus dieser Beobachtung ließen sich Thesen für die Entwicklung von extremistischen Gruppen als „Gegenbewegung“ ableiten. Argyle differenziert Gruppen weiter danach, welche primären Aufgaben sie für Individuen erfüllen, d. h. ob sie z. B. eher als Problemlösungsgruppen oder kreative Gruppen zu verstehen sind. Es wäre durchaus möglich, auch radikale und/oder extremistische Gruppen danach zu unterscheiden, welche Aufgaben sie verfolgen und wie sie diese erfüllen. Für die Gruppenforschung wäre das relevant, allerdings liegen hierzu noch keine Studien vor bzw. wird der Fokus auf die Aufgaben stärker im Kontext von Rollen in solchen Gruppen verhandelt oder im Kontext der Herstellung der beiden folgenden Aspekte, also der Erfüllung der Aufgabe, Mitglieder an Ideologien und/oder Identitäten zu binden.
Elemente, die die Einbettung von Gruppen in ihren Kontext beschreiben:
9. Soziale und räumliche Nähe
Extremistische Gruppen sind ohne eine Einbettung, Nähe und Distanz zu anderen Gruppen und zur Gesellschaft, in der sie sich bewegen, nicht zu verstehen. Die beiden Terrorismusforscher Malthaner und Waldmann40) haben den Begriff des „sozialen Milieus“ für terroristische Gruppen eingebracht. Das ist insofern sinnvoll, da extremistische Gruppen durch die räumliche Nähe – sei sie analog und geografisch bestimmbar oder durch virtuelle Netzwerke oder imaginierte Gesellschaften – bestimmt werden können. Zudem bilden Gruppen auf der Grundlage der hier genannten zentralen Elemente Interaktions- und Kommunikationsstrukturen sowie Gruppenkulturen und stehen in Kontakt zu ihrer nicht-extremistischen Umwelt. Sie sind also eingebettet in weitere soziale Kontexte, die auf die extremistische Gruppe einwirken. Malthaner und Waldmann machen mit dem Konzept der terroristischen Milieus deutlich, dass terroristische Gruppen auf die Unterstützung ihres sozialen Umfeldes angewiesen sind, sei es, um Ressourcen, wie Mitglieder, Informationen oder Ausstattungen zu erlangen, oder um die Einbettung ihrer Mitglieder in „normale“ Lebenswelten zu ermöglichen. Die Gruppen bilden zusammen mit anderen Gruppen in einem sozialen Umfeld ein Milieu.
10. Ideologie, Identität und Kohäsion (Anziehung)
Die bisherige Forschung wie auch Prävention und Intervention unterscheiden extremistische Gruppen nach ihren zentralen Ideologien und Zielen (Kapitel 2).41) Ideologien gehören zu den zentralen Unterscheidungsmerkmalen extremistischer Gruppen. Rechtsextreme, linksextreme, religiös fundamentalistische sowie politisch separatistische Gruppen beziehen sich auf Ideologien von extremistischen Bewegungen und sie entwickeln spezifische Gruppenideologien. Die Ideologien sind unterschiedlich, sie erwachsen aus historischen Wurzeln und sie rechtfertigen zentrale Zielrichtungen der radikalen und extremistischen Gruppen. Sie müssen sich nach Logik und Identität der Gruppen selbst auch klar unterscheiden lassen, damit sie identitätsbildend sein können. Zur Identität einer extremistischen Gruppe, die sich vom gesellschaftlichen Konsens absetzt, aber keinen bzw. noch keinen Terror verfolgt, oder einer extremistischen Gruppe, die auch systemumstürzlerische Ziele verfolgt, gehört die Differenz zum „gesellschaftlichen“ System und ihren spezifischen „Feinden“, also den Outgroups. Von ihnen grenzen sich Gruppen ab und geben vor, sie zu bekämpfen, um ihre Ziele und Ideologien durchzusetzen. Dabei gehören auch andere extremistische Gruppen und Widerstandsbewegungen selbst zu den Outgroups. Extremismus bedingt sich gegenseitig und steht in einem Wettbewerb.42) Neosalafistische Gruppen kämpfen mit anderen islamistischen Gruppen,43) rechtsextreme Gruppen suchen Konflikte mit islamistischen Gruppen, wie die Gruppe HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten) sichtbar macht, wie auch linksextremistische Gruppen in einem politischen und gewaltorientierten Wettbewerb mit rechtsextremen Gruppen stehen.44) Für extremistische Gruppen gehören neben gemeinsamen Ideologien auch radikale Identitäten zu den zentralen Elementen. Ohne eine soziale Identifikation nehmen Mitglieder in extremistischen Gruppen Ideologien nicht an, daher sind Ideologie und Identität hier als gemeinsame Elemente aufgeführt. Identitäten schaffen ein Gefühl von Zugehörigkeit. Beide Elemente bestimmen einerseits den Zusammenhalt in Gruppen und andererseits den sozialen Einfluss der Gruppe auf die Mitglieder sowie die Bedeutsamkeit für diese. Der Einfluss in Gruppen wird durch eine gruppenspezifische Kommunikation und Interaktion erzeugt, die oben skizziert wurde. Extremistische Gruppen benötigen eine starke soziale Kohäsion, d. h. eine Anziehung ihrer Mitglieder in der radikalen Gruppe. Die Gruppen müssen eine enge gegenseitige Abhängigkeit für die gemeinsame Zielerreichung herstellen, d. h. eine Bindung, sodass die Gruppe solidarisch ist und eins miteinander wird.45) Die soziale Kohäsion ist ein maßgeblicher Faktor in Gruppen und der sozialen Umwelten von Gruppen. Daher spielt sie in der Terrorforschung vor allem auch mit Blick auf Gegenstrategien eine Rolle. Um Mitglieder aus Gruppen zu lösen, sollte z. B. die Anziehungskraft einer möglichen Gegenwelt für Aussteigerinnen und Aussteiger hoch sein, umgekehrt verlieren wenig anziehende Umwelten eher Menschen an radikale Gruppen.46)
Gruppenprozesse und -entwicklungen
Gruppen sind eigenständige Gebilde, die sich aus den oben genannten Elementen zusammensetzen. Sie sind keine statischen Einheiten. Sie entwickeln sich, d. h. sie gründen sich, nehmen Mitglieder auf, verlieren sie, müssen auf innere Krisen und Konflikte reagieren und können sich auch wieder auflösen. Extremistische Gruppen entwickeln und verändern sich in einem spezifischen Maße, weil sie in Opposition zur Gesamtgesellschaft und in der Regel im Wettbewerb mit anderen extremistischen Gruppen stehen. Umso mehr kommt es darauf an, neben den Strukturen und Elementen von Gruppen ihre Entwicklung und die Gruppenprozesse zu verstehen. Die Gruppenforschung hat dazu Modelle entwickelt, die jedoch bislang noch nicht hinreichend gut auf Radikalisierungsprozesse angewendet und empirisch geprüft wurden. Sie sollen hier umso mehr genannt werden, um zukünftig Gruppenentwicklungen besser verstehen zu können.
Der Gruppenforscher Tuckman (1965) hat viele Studien zusammengetragen und genauer erforscht, wie Gruppen Beziehungen ihrer Mitglieder organisieren und Aufgaben lösen. Bezogen auf extremistische Gruppen lässt sich das Modell übernehmen, denn gewissermaßen ist eine extremistische Gruppe ständig mit spezifischen Aufgaben der Radikalisierung, Identitätsbildung und Kohäsion beschäftigt, weil sie mehr oder minder klare Ziele verfolgt. Tuckman geht von einer ersten Orientierungsphase aus, der Formierung der Gruppe. In dieser Phase versuchten sich die Gruppenmitglieder zunächst gegenseitig kennenzulernen und die Beziehungen wie auch die Kommunikation werde formal organsiert. In dieser Phase seien andere Informationen für die Mitglieder wichtiger als in den späteren Phasen. Für extremistische Gruppen, die sich offline oder online bilden können, seien in der frühen Phase der Gruppenentwicklung ideologische Informationen weniger wichtig als vielmehr Informationen über Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten oder emotionale Informationen, die eine Bindung zur Gruppe herstellen. In einer zweiten Konfliktphase setze Wettbewerb unter den Gruppenmitglieder ein. Durch den Austausch von Vorstellungen, Erwartungen und Bedürfnissen komme es zu Meinungsverschiedenheiten, die zu intragruppalen Konflikten führten. Wenn diese geklärt seien, z. B. durch eine autoritäre Strategie der Rollenverteilung und ein eher zentrales Netzwerk, in dem die Kommunikation über eine Person laufe (die Führerin/den Führer oder die Führungselite), dann setze eine dritte Phase der Konsolidierung (Normierung) ein, oder die Gruppe scheitere. In dieser Phase würden die Gruppennormen ausgehandelt und Gruppenregeln explizit gemacht. Dadurch könne eine Gruppenidentität und auch ein Gemeinschaftsgefühl entstehen, und dies ermögliche eine höhere Motivation. In der vierten Phase der Durchführung (Performing) werde dann die Aufgabe gemeinsam gelöst. Für das Beispiel einer extremistischen Gruppe bedeute dies, dass die Gruppe in der Phase funktioniere und die Aufgaben wie Rekrutierung, Mobilisierung, Ideologieverfestigung, Tatplanungen und Taten gemeinsam löse. Zu einer Auflösung käme es auf einer fünften Stufe, wenn die Gruppe ihre für sie kennzeichnenden Aufgaben und Identitätsmerkmale nicht erfülle.
Ein ähnliches, bekannt gewordenes Modell haben die Sozialpsychologen Moreland und Levine entwickelt.47) Sie unterteilen die Entwicklung von Gruppen in fünf Phasen. Zuerst beginne eine Gruppe mit der Phase der Untersuchung (Investigation). Die Gruppe formiere sich, Mitglieder bekämen neue Rollen und es finde eine systematische Rekrutierung und Initiation statt. Ebenso entwickelten Gruppen einen Gründungsmythos. Dabei ließen sie in dieser Phase die Mitglieder die Gruppe kennenlernen. In einer zweiten Phase finde dann die Gruppensozialisation statt. Von den Mitgliedern werde verlangt, die Gruppenstrukturen (Rollen, Werte etc., siehe oben) anzunehmen, und die Mitglieder veränderten die Gruppe durch die Übernahme von Strukturen. Hier bildeten sich Vollmitgliedschaften für Einzelne. Die dritte Phase ist die Phase der Aufrechterhaltung der Gruppe (Maintenance). In dieser Phase würden Rollen verhandelt und es käme zu intragruppalen
Konflikten, sodass die Verpflichtung einiger Mitglieder in der Gruppe sinken könne. In dieser Phase könnten sich Randmitglieder entwickeln, die nicht denselben Status wie Vollmitglieder hätten. Die Selbstverpflichtung zur Gruppe sinke bei ihnen und daher setzten Resozialisierungsmaßnahmen in der vierten Phase ein. Griffen diese nicht, dann könnte die Gruppe in eine Phase der Erinnerung (Remembrance) fallen, und die Gruppe hielte sich nur noch aufrecht durch die Erinnerung und Besinnung auf Traditionen. Die einzelnen Phasen gingen mit unterschiedlichen Rollenübergängen einher. Bei Eintritt, Akzeptanz, Abweichung und einem eventuellen Ausstieg seien andere Rollen vorgesehen und akzeptiert. Die Gruppenentwicklung lässt sich demnach als Rollenmodell verstehen. Auch dieses Modell ließe sich auf extremistische Gruppen übertragen und könnte gerade mit Blick auf die Analyse von Gruppen und die präventive Arbeit hilfreich sein. Allerdings ist auch das Modell – wie genannt – in der Extremismusforschung, der Prävention und Intervention bislang nicht beachtet worden. Dies liegt daran, dass im Rahmen der Radikalisierungsforschung zunehmend eigene Modelle als wesentlicher betrachtet wurden als Modelle der Grundlagenforschung über Kleingruppen und Konflikte zwischen Gruppen. Diese sollen kurz genannt werden, obgleich sie weniger die Entwicklung von Gruppen als vielmehr die Entwicklung von Mitgliedern in Gruppen beschreiben.
Die Radikalisierungsforschung hat sich – außer bei der historischen und teilweise politologischen Forschung – weniger mit der Frage der Systematik der Entwicklung von Gruppen beschäftigt, sondern vielmehr mit Phasen der Radikalisierung von Individuen vor Eintritt in Gruppen und in der Phase der Gruppenzugehörigkeit. Da die so verstandene individuelle Radikalisierung in Gruppen dabei unterschiedliche gesellschaftliche und soziale Ebenen, historische Wurzeln, die verschiedensten Akteure und konkrete Umweltfaktoren umfasst, also hoch komplex ist, lässt sich kein einfaches Modell der Radikalisierung im Sinne einer Gruppenentwicklung finden. Es ist derzeit nicht möglich, ein theoretisch umfassend begründetes und empirisch geprüftes Modell der Entwicklung extremistischer Gruppen zu nennen. Allerdings lassen sich wesentliche Wurzeln und Prozesse so skizzieren, dass Radikalisierungsprozesse besser verstanden werden können.
Ein theoretisches Entwicklungsmodell mit Blick auf die Radikalisierung von jungen Menschen hat Kilb 2015 vorgeschlagen. Es lehnt sich an die skizzierten generellen Gruppenmodelle an, konzentriert sich aber auf die Entwicklung der Radikalisierung von jungen Heranwachsenden. Das Modell hat sieben Stufen. Die Radikalisierung beginne zunächst mit einer „Neigung zu einschlägigen psychosozial kompensierenden Mustern gewaltaffiner, dualistischer, totalitärer, patriarchalischer, unterdrückender, kriegerischer Kontur, die auf u. a. revanchistisch akzentuierte Größenprojektionen zurückführbar sind“.48) Dies würde gefolgt von einer Orientierungssuche und Erfahrung von Wertigkeit, d. h. einer sozialen Orientierungssuche (Selbstaneignung) und einer Phase der Rekrutierung durch extremistische Gruppen. Es folge die Aufnahme in die Gruppe, die durch eine Willkommenserfahrung und einen höheren Selbstwert geprägt sei. Viertens ergäbe sich ein Vollmitglied in der Kampfgemeinschaft, die mit sozialer Orientierung, sozialer Absicherung, Integration und der Erfahrung, eine andere oder ein anderer sein zu können, einherginge. Auf der Grundlage dieser Mitgliedschaft ergäbe sich fünftens eine Gruppengemeinschaft, die mit „Ernst-Spiel-Charakter“ und Größenfantasien einherginge und, sechstens, von exzessiven Allmachts- und Grenzüberschreitungserfahrungen begleitet würde. Auf einer siebten Stufe verfestige sich die Gruppe und Ideologien wie Identitäten würden zum Lebenskonzept. Dabei allerdings könnten sich Verunsicherung und Ausstiegsfantasien ergeben, die am Ende auch zu einem Ausstieg durch kognitive Prozesse oder alternative Angebote führen könnten. Das Modell ist insofern ein ideales Modell, als dass eine fortschreitende Radikalisierung in einer Gruppe skizziert wird. Es ist jedoch empirisch nicht systematisch geprüft und leider auch nicht auf eine spezifische extremistische Gruppe angewendet worden, obgleich dies möglich gewesen wäre. Auch in diesem Modell spielen soziale Motive einzelner, die in extremistischen Gruppen scheinbar einfacher befriedigt werden können, eine wichtige Rolle.
Die sozialen Motive möglicher Gruppenmitglieder wurden schon als Einstiegsgründe in die Radikalität genannt. Es gibt mittlerweile einige Modelle, die den Prozess der Radikalisierung so beschreiben, als läge ein Entwicklungsmodell von Gruppen vor. In einem viel zitierten Zeitschriftenbeitrag hat der Terrorismusforscher Borum (2011) zig Theorien und Modelle gesichtet und verglichen. Er schlägt auf der Grundlage seiner Synthese der Terrorismus- und Radikalisierungsforschung ein vereinfachtes Modell vor, welches in Abbildung 1 abgedruckt ist und an einer Stelle von mir ergänzt wurde.
Demnach beginne die Radikalisierung von Individuen, die sich immer stärker zu Ideologien und Gewalt bereit erklären – markiert durch den Pfeil und die Breite des Pfeiles –, mit konstanten Wahrnehmungen und Gefühlen des Missstandes, begleitet von Klagen und Beschwerden über die eigene soziale Lage. Dazu gehören meines Erachtens auch sozial geteilte Emotionen von Furcht und Bedrohung, die für die Entwicklung sozialer Bewegungen bedeutsam sind.49)

In vielen Fällen der islamistischen Radikalisierung stellt man zu Beginn der Radikalisierung fest, dass junge Menschen in einen Zustand systematischer Unfairnessgedanken und chronischer Ungerechtigkeitsgefühle verfallen.50) Versagen in der Schule, Krisen in der Familie, Bindungsprobleme usw. werden mit der Zugehörigkeit zur Gruppe der Musliminnen und Muslime sowie der Unterdrückung des Islam verbunden. Dies werde von extremistischen Propagandistinnen und Propagandisten sowie Agitatoren in einen Zustand der Feststellung, dass Gerechtigkeitsprinzipien im gegenwärtigen Zustand gar keine Rolle mehr spielten, überführt. Aus einer Aufkündigung von Fairness- und Gerechtigkeitsgefühlen erfolge eine Phase, in der nicht lösbare Ungerechtigkeit anderen zugeschrieben werde, also den „Feinden“, den oder dem „Bösen“, dem wie auch immer bestimmten „System“, welches durch Propaganda und Agitation von der extremistischen Bezugsgruppe für verantwortlich erklärt wird. Damit werde in Terrorgruppen die Schuld abgelöst und dem Gegner zugeschrieben. Ist diese fundamentale Zuschreibung erfolgt, können letztendlich die Distanzierung von der herkömmlichen Lebenswelt sowie die Abwertung der Feinde erfolgen, und am Ende die Gewalt und der Terror legitim erscheinen. Radikalisierung in den Extremismus ist nach dem abgebildeten Modell von Borum ein Prozess der Hinwendung zu extremistischen Gruppen und der Abwendung von der herkömmlichen, nicht-extremistischen Lebensumwelt.
Ein alternatives Verständnis für den Prozess der Entwicklung zur Radikalisierung von Gruppen, welches sowohl gesellschaftliche als auch gruppenspezifische und individuelle Faktoren berücksichtigt, versucht, sogenannte Radikalisierungspfade (pathways) zu ermitteln. Die Bewegungsforscherin Donatella della Porta hat einen relationalen Ansatz zur Analyse von Radikalisierungsprozessen angeboten, der auch Einstiege von Individuen in extremistische Gruppen erklären kann.51) Damit versucht sie, die Verbindung von gesellschaftlichen Veränderungsprozessen, wie z. B. Modernisierungsprozessen, kulturellen Veränderungen sowie Veränderungen in Traditionen, mit individuellen eher psychologischen Prozessen zu verbinden. Sie meint, Radikalisierung zur Gewalt ergäbe sich aus der Interaktion von Individuen, die sich z. B. mit politischen Bewegungen identifizieren oder darin Mitglied sind, mit staatlichen Sicherheitsbehörden in Konflikt geraten und immer stärker Gewalt als mögliches Mittel rechtfertigen. Sie führt einige Beispiele an, die zeigen, wie sehr radikale Bewegungen ihre Wurzeln in der Auseinandersetzung mit unterdrückend handelnder Polizei haben. Die Radikalisierung resultiere aus einer aggressiven sowie gewaltnahen Konfliktkonstellation zwischen Gruppen. Ein Konflikt, z. B. mit der Polizei, könne die Radikalisierung befeuern, und daher beschwörten radikale Gruppen ihn bisweilen direkt herauf. Das stimmt mit Beobachtungen aus Deutschland überein. Hier gab es einige Fälle, bei denen Neosalafisten Konflikte mit rechtsextrem orientierten Personen im öffentlichen Raum provozierten, und die Gruppen versuchten, die Polizei als „Feinde“ von beiden Gruppen in den Konflikt einzubeziehen. Ähnlich sind immer wieder inszenierte und herbeigeführte Konflikte und Gewaltwettbewerbe zu beobachten, die insbesondere rechtsextreme Gruppen mit linksextremen Gruppen, oder auch linksextreme Gruppen mit der Polizei suchen. Der Konflikt zwischen Gruppen ist ein wichtiger Grund für die Radikalisierung, aber ebenso für die Herstellung des Zusammenhaltes und der Eskalation. Bei den Kleingruppen des sogenannten Schwarzen Blocks auf den Anti-G20-Protesten in Hamburg war dies gut zu beobachten. Dabei ist die Polarisation in extremistischen Gruppen, die der Radikalisierung entspricht, davon abhängig, wie gut Gruppen die oben genannten Netzwerke herstellen können. Die Forschungsgruppe von della Porta hat unterschiedliche Wege der Radikalisierung danach unterschieden, die in Tabelle 1 aufgeführt sind.
Tabelle 1: Pfade der Radikalisierung
Pfad | vorherrschende Motivation (Individuum) | wichtige Netzwerke zur Re- krutierung von Mitgliedern | Wahrnehmung des gesell- schaftlichen Kontextes |
ideologisch | ideologisch, Identität | Familie und räumliche Traditionen | potenziell revolutionäre Situation |
instrumentell | Streben nach Veränderung | politische Gruppen | geschlossene Möglichkeiten |
solidarisch | intensive (emotionale) Erfahrungen, Gedanken und Wahrnehmungen | Gruppe von Gleichaltrigen (Peers) | Eskalation des politischen Konfikts |
Demnach gibt es einen Weg von Individuen in Gruppen hinein, wenn diese a) Ideologien und Identitäten bereitstellten sowie b) Beziehungen zu für sie wichtigen sozialen Netzwerken wie Familien und räumlich nahen Gruppen, herstellen und c) die Wahrnehmung, dass die gesellschaftliche Situation eine Revolution verlange, die Wirklichkeitswahrnehmung prägt. Die Irish Republican Army (Abkürzung: IRA) und leninistische Gruppen in Italien werden als Beispiele genannt. Eine instrumentelle Radikalisierung, die zu einer Verbesserung der sozialen Lage führen soll, fände eher in politisch engen Gruppen statt, die durch die Radikalisierung und den Konflikt mit einer Gesellschaft einen Gewinn erwarten. Sie sei z. B. motiviert durch die Wahrnehmung, friedliche Konfliktlösungen seien kaum möglich. Hier wird die baskische ETA als Beispiel genannt. Eine solidarische gruppenspezifische Radikalisierung sei eher motiviert durch emotionale Erfahrungen von Wut, Ärger, Entwürdigung usw. Sie sei verbunden mit einer Rekrutierung in Gleichaltrigen-Netzwerke und eskaliere mit dem Ausmaß des politischen Konfliktes, den die Gruppe konstruiert oder eingeht. Islamistische Gruppen in Europa, die sich v. a. aus jungen heranwachsenden Männern zusammensetzen, wären Beispiele für diesen Pfad der Radikalisierung. Dieser Ansatz ist insofern interessant, als er die Extremismusforschung eng an die Forschung zu sozialen Bewegungen und Protesten führt und damit moderne Erscheinungen des Extremismus und Aktionen extremistischer Gruppen verständlich macht.
Allerdings müssen die Prozesse und Dynamiken genauer erforscht werden, um die spezifischen Prozesse in extremistischen Gruppen zu verstehen. Dies erfolgt in den nachfolgenden Absätzen, in denen es um eine Vertiefung der Einstiegsphase, des Mitgliedwerdens durch Identifikation, der Konflikte zwischen Gruppen und ihrer Bedeutung für die Kohäsion sowie Ausstiege aus Gruppen geht.
Rekrutierung und Einstieg in die Gruppe
Eine besondere und wesentliche Phase bei der Radikalisierung, die auch und gerade für die Frage früher Erkennung und Prävention relevant ist, ist der Einstieg in extremistische Gruppen. Die Schwelle, Mitglied in extremen Gruppen zu werden, ist enorm hoch, und für jede Analyse und praktische Intervention stellt sich die Frage, warum Personen die Kosten des Extremismus bei allen Versprechungen der Gruppen nach einfachen Lösungen, Heilswelten oder Macht auf sich nehmen. Die Forschung zeigt, dass vor dem Einstieg in Gruppen immer mehr die Suchbewegung von Einzelnen eine Rolle spielt. Sie wird noch nicht als Gruppenprozess verstanden. Viele bekanntgewordene Terroristeninnen und Terroristen haben vor dem Einstieg in eine Gruppe intensiv in ihrer Umgebung, neuerdings vor allem in sozialen Netzwerken, Informationen gesucht, Angebote von ideologischen Gruppen oder Meinungsführerinnen und Meinungsführern konsumiert und wurden daher attraktiv für Gruppen, die dann Einzelne aktiv rekrutierten. Der Einstieg in Gruppen erfolgt in einem wechselseitigen Prozess von Suchbewegungen Einzelner und einer Rekrutierung durch die Gruppe.
Zur Rekrutierung hat die Forschung relativ umfangreiche Studien durchgeführt, da diese Phase auch für die Früherkennung relevant ist.52)
Dabei setzt die Rekrutierung durch Gruppen auf Grundprinzipien:
a) der Reziprozität (Wechselseitigkeit): „Wir geben dir eine Identität und helfen dir aus der Krise; die Gesellschaft möchte dich/euch nicht. Dafür darfst Du Teil der exkludierten Gruppe sein.“,
b) der verbindlichen Verpflichtung zu totalitären Kategorien (Gruppenfestlegungen), Normen, Werten und Regeln,
c) der Knappheit, welche der Gruppe eine Avantgarde und ein Märtyrertum zuschreibt,
d) der Beweispflicht, die darin besteht, dass die zu Rekrutierenden zeigen, wie sie konvertieren und eine neue Biografie annehmen,
e) der Sympathiebeweise und
f) der Anerkennung von Autorität, was insbesondere bei Online-Rekrutierungsprozessen nachgewiesen wurde.53)
Bei der Rekrutierung müssen diese Prinzipien eingehalten werden. Hierzu entwickeln Gruppen Initiations- und Aufnahmeriten und -regeln (siehe oben). Diese machen die Gruppen für die Aufgenommenen attraktiver, schließlich haben die neuen Mitglieder die Hürden genommen. Zielpersonen oder -gruppen, die rekrutiert werden, können dabei anonym bleiben. Sie lernen zunächst moderate und eher harmlose Facetten der Gruppen kennen, und werden in der ersten Zeit lediglich dazu verpflichtet, der Gruppe kleinere Gefallen zu tun. Durch diese Anstrengung, die mögliche Mitglieder auf sich nehmen, werden sie später bereiter sein, den Einsatz für ihre neue Gruppe zu rechtfertigen.
Moghaddam (2009) hat diverse Terrorgruppen untersucht und dabei aufgezeichnet, wie Rekrutierungen an die Personen und den Kontext angepasst werden. In der ersten Phase gehen die Rekrutiererinnen und Rekrutierer sehr gezielt und geschickt auf die individuellen Sehnsüchte von interessierten jungen Menschen ein. Für die einen ist es die gemeinsame Eroberung der Welt, das Engagement für eine gute Sache, humanitäres Interesse, die Flucht aus der westlichen Konsumwelt oder es sind utopische Paradiesvorstellungen nach einem möglichen Selbstmordattentat oder Märtyrertod. In der zweiten Etappe werden die Gemeinsamkeiten z. B. der „islamischen Familie“ betont und gleichzeitig wird die Abkehr von alten Gewohnheiten gefordert. Die Zugehörigkeit z. B. zum Islamischen Staat (IS) wird glorifiziert als Teilhabe am wahren Islam, als geistige Erneuerung und als die Verheißung einer neuen Identität.54) Den neuen Mitgliedern wird suggeriert, sie würden bald wertvolles Mitglied der erhabenen und erlauchten islamischen Welt des neuen Kalifats sein. In der dritten Etappe wird das Gefühl der Zugehörigkeit zum IS noch stärker betont. Es wird immer mehr hervorgehoben, die Mitglieder seien nun im Besitz der alleinigen Wahrheit, sie seien auserwählt und anderen Ungläubigen überlegen.55)
In der vierten Etappe wird die Abgrenzung zu Andersgläubigen, Ungläubigen oder nicht Zugehörigen massiv radikalisiert. Es existieren dann nur noch Beziehungen innerhalb der islamistischen Gruppe. Überlegenheit und Auserwähltheit werden immer wieder betont. Zunehmend wird verbreitet, dass es ein Recht und sogar eine Pflicht sei, Andersdenkende oder „Ungläubige“ zu töten. Gewalt wird banalisiert. Gruppenaktivitäten, wie das grausame gemeinsame Anschauen von Enthauptungsvideos, werden zur alltäglichen Unterhaltung. Die endgültige Radikalisierung erfolgt schließlich mit der Ausreise in Kampfgebiete, also im Falle des IS in den Irak oder nach Syrien bzw. in die propagierten Herrschaftsgebiete. Dort wird in Ausbildungscamps das Handwerk des Tötens gelernt. Im Gruppenerlebnis mit anderen tötungsbereiten Männern und Frauen nehmen Verrohung und Grausamkeit zu und die vorherige Tötungshemmung schwindet.
Der Terrorismusforscher Wiktorowicz (2006) hat in Tiefeninterviews mit Jihadistinnen und Jihadisten, die in westlichen Demokratien leben, vier Komponenten der Entwicklung identifiziert, die ähnlich und anschlussfähig an die oben genannten Modelle und empirischen Beobachtungen sind. Zunächst sei eine kognitive Öffnung von möglichen Gruppenmitgliedern festzustellen. Diese entstehe, wenn sich Personen, die sich mit extremistischen Lebenswelten beschäftigen, gedanklich für diese extremen Welten öffneten. Dieser Öffnung folge eine Suche nach religiösem Sinn, die Anpassung der extremistischen Wirklichkeitsinterpretation als Rahmen für die eigene Wahrnehmung und schließlich die Unterwerfung unter eine vollständige Indoktrination durch die Gruppe.
Ein sehr bekanntes Modell haben die Terrorismusforscher McCauley und Moskalenko56) vorgeschlagen, welches sie durch zahlreiche Analysen und Studien terroristischer Personen und Gruppen hergeleitet haben. Sie unterscheiden dabei Mechanismen der Radikalisierung Einzelner, die abgelöst werden von Radikalisierungen in Gruppen, die wiederum in Radikalisierungen von Großgruppen aufgehen können. Auf der individuellen Ebene erhöhen demnach Erfahrungen der Diskriminierung und Viktimisierung das Gefühl der Trauer und die Möglichkeit des Hineinrutschens in die Gruppe. Ebenso ermöglicht der Austausch über Diskriminierungserfahrungen den Aufbau enger Beziehungen zu anderen Mitgliedern einer terroristischen Gruppe. Auf der Gruppenebene wird die Radikalisierung durch einen extremen Wechsel zur alles entscheidenden Identifikation mit der Gruppe vorangetrieben, wie durch extremen Zusammenhalt, die Isolation von Gruppen oder Mitgliedern, durch Bedrohungen, Wettbewerbe um Stellungen in der Gruppe, Konfrontationen mit der staatlichen Macht oder Konflikte und Spaltungen in der Gruppe. Größere extremistische Bewegungen, die nicht in näherem Kontakt zu ihren einzelnen Untergruppen stehen können, radikalisieren die Gruppen und ihre Mitglieder durch einer allein auf Kampf orientierten „Politik“, die sie mit Angriffen gegen die übergeordnete Gemeinschaft (die „Muslime“, die „Umma“, die „Eliten“, das „Kapital“) rechtfertigen. Eine Radikalisierung durch den gemeinsamen Hass auf Feinde sowie durch ein Märtyrertum sind zwei weitere Pfade, die die Autoren in ihren Analysen identifizieren. In ähnlicher Weise hat Bouzar (2016) mit Bezug auf islamistische Gruppen vier Etappen der Rekrutierung unterschieden: erstens die Isolierung von der Familie und dem sozialen Umfeld, zweitens die Auslöschung der Individualität, drittens die Verbundenheit mit der radikalen Ideologie und viertens die Entmenschlichung der Feinde. Damit ist dann schon fast ein gesamter Radikalisierungsprozess umschrieben (siehe unten).
Unabhängig davon, wie der Einstieg geschieht und organisiert ist, zeigt die Gruppenforschung, dass jeder Eintritt eines neuen Mitglieds Spannungen in der Gruppe erzeugt. Zudem sind die Einstiege unterschiedlich und müssen sich an den individuellen Merkmalen der Gruppen und Personen orientieren. Wesentliche Kriterien für den Einstieg sind nach Forschungen zur Gruppendynamik das Ausmaß der gegenseitigen Verpflichtung, die Gruppen und mögliche Mitglieder eingehen, die Entscheidungskriterien der Gruppe sowie die Bereitschaft zu Rollenübergängen innerhalb der Gruppe. Dazu entwickeln extremistische Gruppen entsprechende Regeln und Kriterien. Ideologien haben beim Einstieg eher funktionale als inhaltliche Bedeutung, das heißt, ihr Inhalt kann weniger relevant sein, als ihre Funktion zur Befriedigung sozialer Bedürfnisse. Sie sind das soziale Bindemittel der Gruppe.57) Für die Frage, wer extremistische Gruppen aufsucht, wird in der Forschung neben den sozialen Motivationen auch immer wieder nach Persönlichkeitsfaktoren gesucht. Die Forschungsergebnisse dazu sind eher uneinheitlich58) und im Gruppenkontext zunächst nur insofern relevant, als erfolgreiche extremistische Gruppen über diagnostische Kompetenzen zur Persönlichkeitsstruktur und die Möglichkeit verfügen, die Motive interessierter zukünftiger Mitglieder zu deuten und zu bewerten. Das reicht aber nicht aus, schließlich spielt die Annahme von Identitäten und Ideologien die entscheidende Rolle. Für den Einstiegsprozess benötigen extremistische Gruppen Argumente, die den Nutzen des Einstiegs gegenüber den hohen Kosten des Extremismus ausgleichen. Der Einstieg in eine Gruppe kann Personen zukünftig zu Außenseitern machen, sie disqualifizieren, weil sie sich äußerlich verändern müssen und sie zu „Feinden“ anderer Gruppen machen. Beim Einstieg stellen Identitäten, exklusive Ideologien, der mögliche Zusammenhalt und die Bewusstseinsbildung, die versprochen wird, Anreize dar. Einstiege bereiten die nachfolgenden Prozesse vor.
Vom Individuum zum Gruppenmitglied
Radikalisierung ist insgesamt ein Prozess der Identitätssuche und -findung.59) Die Sinnsuche und der Wunsch, Bedeutung zu haben,60) gehören dazu. Sie können bei fehlenden Antworten oder Erfahrungen mit nicht hinreichender Bedeutung für die soziale Umwelt zu Gefühlen von Handlungsohnmacht und verstärkten radikalen und extremen Gedanken und Emotionen führen. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, sich mit extremistischen Gruppen und Ideologien zu identifizieren. In der Gruppe erfolgt eine Abkehr vom bisherigen Umfeld und ein radikaler Wechsel der Identität, die dann ausschließlich durch die extremistische Gruppe bestimmt ist und mit einem exklusiven Selbstkonzept einhergeht, welches vollständig von der extremistischen Gruppe abhängt.
Wie oben genannt, ist es enorm wichtig für die Phase der Gruppenbildung und die Konstanz von Gruppen, einen Zusammenhalt und ein Commitment (eine Verpflichtung) gegenüber den Ideologien herzustellen. Radikalisierung in Gruppen kann verstanden werden als ein Wechsel der Identität bzw. Gewinn einer neuen extremistischen sozialen Identität.61) Einstiege und Radikalisierungen von Individuen in Gruppen gehen mit einer Depersonalisation der individuellen Identität einher. Diese ist möglich, indem Gruppen eine extreme Selbstpräsentation für die Mitglieder bereitstellen, bei der die Gewaltausübung als Teil der Identität und des Handelns für die Gruppe wahrgenommen wird. Die Depersonalisation meint einen Prozess, bei dem individuelle Merkmale, Gedanken, Emotionen, aber auch Beziehungen immer stärker in den Hintergrund treten und die Person immer stärker Gruppengedanken, -emotionen und Beziehungen in die eigene Identität aufnimmt.
Neben dem Identitätswechsel spielen das Commitment, d. h. die Selbstverpflichtung der Mitglieder auf die Rollen und Ziele sowie der Gehorsam eine wichtige Rolle. Um das Commitment herzustellen und sich weiter zu radikalisieren, können extremistische Gruppen auf Möglichkeiten der sozialen Einflussnahme, der gegenseitigen Unterstützung, an die Begleitumstände angepasste Führungsstile, Systeme der Belohnung und Bestrafung und der sozialen Identifikation zurückgreifen. Unseres Erachtens spielt dabei das Angebot an die Mitglieder, sich selbst als wertvoll und bedeutsam zu inszenieren, eine besonders wichtige Rolle. Die Selbst-Inszenierung ist maßgeblich, wie viele empirische Ähnlichkeiten in Analysen rechtsextrem oder islamistisch orientierter Gruppen und von Schulamoktätern zeigen.62) Radikale Personen inszenieren sich durch Gewaltsymbole, die als „pure Emotion“ verklärt werden und sie als Idol erscheinen lassen. Anders Breivik stilisierte sich in seinem „Manifest 2083“ als Ritter und Verteidiger des Abendlandes. Er schien in einer überbordenden Selbst-Inszenierung aufzugehen. Der Attentäter in Neuseeland, der im März 2019 50 Personen in einer Moschee hinrichtete, ging so weit, sich in seinem Manifest selbst zu interviewen. Er inszenierte sich also selbst medial.
Der psychologisch orientierte Radikalisierungsforscher Moghaddam (2005) hat ein Treppenhaus-Modell zum Terror auf der Grundlage empirischer Beobachtungen entwickelt. Es ist in Abbildung 2 dargestellt.

Es umfasst einerseits Gruppenprozesse vom Einstieg bis zur Terrorhandlung, andererseits aber auch den Identitätswechsel und die Herstellung von Gruppenverpflichtungen. Das Modell berücksichtigt dabei, dass nicht alle Mitglieder in Terrorgruppen bis zum äußersten, also dem Terrorakt, gehen müssen. Sie können als Experteninnen und Experten auf einer Etage verbleiben. Die Gruppenprozesse sind dabei auf jeder Etage nach Rollen und Aufgaben organisiert. Auf der ersten Stufe, im Erdgeschoss, präge die psychologische Interpretation der materiellen Bedingungen den Einstieg. Wenn Individuen meinen, ihnen gehe es schlecht, sie würden ungerecht beurteilt und sie sich Terrorgruppen näherten, dann erhielten sie im Erdgeschoss Bestätigung für ihre Ungerechtigkeitsgefühle und zugleich eine Bestärkung, dass ihnen etwas Besseres zustehe.
Dies wurde bei der Analyse von Einstiegen schon deutlich gemacht (siehe oben). Das Empfinden einer Benachteiligung, des Mangels und der Frustration im Vergleich zu anderen, insbesondere befeindeten Gruppen (Relative Deprivation), würde zu Beginn die Radikalisierung prägen und vorantreiben. Dabei verfügten Terrororganisationen über geeignete Mitglieder, die die Agitation und Radikalisierung auf dieser und den folgenden Etagen vornähmen. Im ersten Stock würden Mitgliedern dann Möglichkeiten zum Kampf gegen die empfundene Ungerechtigkeit angeboten. Im zweiten Stock werde die entstandene Aggression auf die Feinde der Terrorgruppen verlagert. Auch das wurde bei der Darstellung des Modells in Abbildung 1 (siehe oben) kenntlich. Hierbei spielten Bedrohungsmythen und -gefühle für die Radikalisierung und auch neue Gefühle von Selbstwirksamkeit eine Rolle. Im dritten Stock erfolge die moralische Bindung an die Terrorgruppe. Dabei sei die Fähigkeit von Gruppen relevant, moralische Bedenken bei den Mitgliedern zu unterdrücken. Im vierten Stock finde eine Verfestigung des Denkens über die Ziele der Gruppe sowie eine Rechtfertigung der Terrororganisation statt. Auf dieser Etage finde die ideologische Indoktrination (Beeinflussung) statt. Im fünften Stock würden dann die Terrorhandlung angeeignet, Hemmschwellen ausgeschaltet und es fänden Terrorhandlungen statt. Hier spielten die Konformität und Gefügigkeit der Mitglieder eine primäre Rolle.
Allerdings übersieht das Modell die Prozesse, die die Handlungen prägen, welche am Ende entscheidend sind für extremistische Gruppen. Die Inszenierung der Tat und anderer Gruppenpraktiken ist hoch bedeutsam. Dies wird durch klare und eindeutige Handlungsskripte unterstützt. Ebenso ist die Inszenierung der geografischen und sozialen Räume, in denen Gruppen Anschläge verüben, nicht willkürlich. Ihnen wird von den Gruppen eine symbolische Bedeutung zugeschrieben. Täterinnen und Täter inszenieren sich durch den Anschlag und markieren die Gebiete so als Gruppenraum, indem sie dort für Chaos und Unordnung sorgen. Eine Analyse von 160 Gewaltanschlägen, die in den USA im Zeitraum von 2000 bis 2013 verübt wurden, zeigt, wie bedeutsam Orte als Inszenierungsbühnen sind. Der Hauptanteil der Anschläge (45,6 %) erfolgte in kommerziellen Räumen, wie Einkaufszentren, Fußgängerzonen etc., gefolgt von Bildungsinstitutionen (24,4 %). Regierungsinstitutionen sind weniger Ziel (10 %), ebenso öffentliche Bereiche (9,4 %), Wohnviertel und Nachbarschaften (4,4 %), Gebetsstätten (3,8 %) oder Gesundheitseinrichtungen (2,5 %). Der Terroranschlag von Paris am 13. November 2015 folgte ebenfalls einer genauen räumlichen Inszenierung. Die Anschlagsserie wurde von koordinierten Gruppen ausgeführt. Sie begann um 21.20 Uhr mit Selbstmordanschlägen am Fußballstadion Stade de France. Dem folgten fünf Minuten später Schießereien in zwei Bars, einem Restaurant und um 21.40 Uhr das Attentat mit 89 zivilen Opfern im Musikclub Bataclan. Getötet wurden v.a. junge Menschen, die sich vergnügen wollten.
Konflikte zwischen Gruppen
Extremistische Gruppen befinden sich in ständiger Auseinandersetzung mit anderen Gruppen, also Outgroups (Fremdgruppen) bzw. Feinden der eigenen Ideologie und Identität, oder Gruppen, die sie gefährden. Das können Gruppen sein, die sie bekämpfen (Sicherheitsorgane wie die Polizei), aber auch extremistische Gegenbewegungen oder Gruppen der Zivilgesellschaft. Outgroups werden je nach Gefährdung des Zusammenhalts als außergewöhnlich bedrohlich dargestellt („das System“). Die so genannte Intergruppendynamik und Abgrenzung spielt für die Entwicklung der Gruppenidentität eine herausragende Bedeutung.
Der Sozialpsychologe Beelmann (2017) betont, dass die wesentlichen Radikalisierungsfaktoren auf der Gefühlsebene die Identität, auf der sozialen Ebene Vorurteile und auf der ideologischen Ebene die Gewalt sind. Nach Annahmen des Ansatzes der Sozialen Identität ist die Entwicklung einer neuen Identität, die durch die extremistische Gruppe definiert ist, maßgebliche Grundlage für die Annahme der Ideologien und aller anderen Merkmale einer Gruppe sowie der Bereitschaft, Terrorakte auszuüben. Diese Soziale Identität erhält ihr Gewicht durch die Gruppe. Der Selbstwert, den die Gruppe damit bereitstellt, kann durch die Abwertung der Outgroups erhöht und aufrechterhalten werden. Dabei sind Gruppen, die der Bezugsgruppe ähnlich sind, bedrohlicher für die Identität als Gruppen, die eher fern sind.63) Extremistische Gruppen sind daher ständig darauf angewiesen, Feindbilder zu produzieren und zu konstruieren sowie die Vernichtung der Feinde als eine legitime und notwendige Handlung an die Mitglieder zu vermitteln.
Dabei wird auch der „Feind“ so inszeniert, dass sich Gruppenmitglieder damit identifizieren können. Hierbei spielen für extremistische Gruppen Milieukulturen, wie sie in sprachlichen und visuellen Bildern und Musik zum Ausdruck kommen, eine zentrale Rolle. Die durchaus heterogenen Gruppen eines extremistischen Spektrums werden durch gemeinsame kulturelle Praktiken, die Ingroup-Outgroup-Unterschiede (Freund-Feind-Muster) inszenieren, zusammengehalten. Dies erklärt auch die besondere Bedeutung von kulturellen Symbolen, wie z. B. im Bereich des jugendnahen Extremismus die Bedeutung von Musik, durch die besonders im Rechtsextremismus Freund-Feind-Inszenierungen zum Ausdruck gebracht werden.64) Bieten die Gruppe und ihre Symbolik keine Erfüllung sozialer Motive der Identität und Zugehörigkeit, liegen Ausstiege und Abwendungen nahe.
Ausstiege und das Ende von Gruppen
Extremistische Gruppen versuchen unter allen Umständen, ihre Mitglieder in der Gruppe zu halten. Gruppen streben nach einem festen Zusammenhalt. Das Loslösen von Mitgliedern und die Auflösung von extremistischen Gruppen sind ein eigener Prozess, der nicht allein durch eine Analyse der Gruppendynamik zu erklären ist. Jones und Libicki (2008) haben das eindrucksvoll an der Gruppe Al-Qaida dokumentiert, die mit massiver Gewalt auf mögliche Aussteigerinnen und Aussteiger einwirkt und einen hohen sozialen Druck in der Terrorgruppe sowie ein Überwachungs- und Sicherheitssystem entwickelt hat. Sicherlich können extremistische Gruppen auch behördlich aufgelöst werden, wie durch das Verbot ihrer Existenz oder Aufdeckung und Strafverfolgung durch die Rechtsbehörden. Ihre Auflösung und/oder die Entbindung von Mitgliedern kann auch durch das Einschleusen von Personen, die bindende Faktoren von innen auflösen, erzeugt werden. Dies ist hier aber nicht Gegenstand der Analyse, weil sie eher nach den gruppenspezifischen Faktoren fragt. Extremistische Gruppen versuchen, Ausstiege insbesondere dann zu verhindern, wenn Aussteigerinnen und Aussteiger Wissen und Informationen über die Gruppe haben und ihre Entlassung ein Risiko wäre. Es gibt daher in terroristischen Gruppen auch Hinrichtungen von Mitgliedern, wenn diese zum Problem für die Gruppe werden. Ebenso gibt es gruppendienliche Ausstiege, wenn Mitglieder die Gruppe verlassen, um sie zu schützen. Bei der Analyse der oben genannten WhatsApp-Gruppe, die wir durchgeführt haben, war das der Fall.65) Für die Prävention und Intervention ist die Frage hoch interessant, wann und warum Personen extremistische Gruppen verlassen.
Zu Phasen der Beendigung von Mitgliedschaften in terroristischen Gruppen hat die Forschung zur Distanzierung und zum Disengagement (Loslösen, Entbindung) wichtige Beobachtungen gemacht.66) Sie unterscheidet zwischen den Push- und Pull-Faktoren, die Personen in Gruppen binden oder entbinden. Ausstiegshinderlich ist z. B. Furcht vor negativen Sanktionen durch die Gruppen. Ausstiegsförderlich sind Desillusionierungen, Selbstzweifel, Gewalterfahrungen in der Gruppe, fehlende Ziele, Enttäuschungen über die Beziehungen in der Gruppe, Kosten des Gehorsams, Erschöpfung, Status- oder Vertrauensverluste, Stigmatisierungen durch die Gesellschaft und/oder ungelöste Sinnfragen, die an die Gruppe geknüpft waren. Auch hohe Kosten für alternative Beziehungen außerhalb der Gruppe, wie sie durch Familiengründungen entstehen, können eine Deradikalisierung, eine Verminderung des Engagements oder Distanzierung fördern.67) Die Analyse von Gruppenprozessen kann eine gruppenbezogene Arbeit der Deradikalisierung erleichtern. Intervention zur Deradikalisierung gelingt nach Forschungslage, wenn Einstiegsprozesse in Gruppen gebremst oder erschwert werden können; die Arbeit mit radikalisierten Personen hilft, Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Gruppe zu fördern, Führungspersonen infrage zu stellen und so Ausstiege zu erleichtern.
Die Faktoren, die das Ende einer extremistischen Gruppe erzeugen, sind bislang nicht systematisiert. Extremistische und auch weniger radikale Gruppen lösen sich grundsätzlich eher und schneller auf, wenn ihre Identität und Ziele irrelevant werden und ihre Gründungsidee Mitglieder nicht mehr binden kann. Zahlreiche terroristische Gruppen haben sich deshalb historisch aufgelöst, wie zuletzt die baskische ETA. Wenig untersucht ist auch der Mitgliederwechsel von einer extremistischen Gruppe in einer andere oder die Transformation einer gesamten Gruppe in eine andere Gruppe. Folgt man Erkenntnissen der Gruppenforschung, dann liegt ein Ende der Gruppe dann nahe, wenn die internen Bindungskräfte und Identifikationen in der Gruppe schwächer sind als alternative Bindungskräfte und Identitätsangebote außerhalb der Gruppe.68) Allerdings ist die Umkehrung der positiven Vorzeichen jener Faktoren, die Menschen an extremistische Gruppen binden, nicht automatisch ein Hinweis auf Faktoren, die Menschen aus solchen Gruppen treiben. Der soziale und gesellschaftliche Kontext, in den Gruppen eingebunden sind, ist ein entscheidender Faktor für die Bindung an Gruppen und die Schwächung von bindenden Kräften. Im folgenden Abschnitt werden Faktoren genannt, die für die entbindende (loslösende) und bindende Kraft bedeutsam sind.
Risiko extremistischer Gruppe
Aus Sicht der Gruppenforschung ist die Frage, welche Gefahren und Risiken von extremistischen Gruppen ausgehen, nicht nur eine Praxisfrage. Die Risiko- und Bedrohungsanalyse hat sich zu einem Forschungsthema entwickelt. Die Gruppenforschung nimmt an, dass Gruppen in modernen Gesellschaften bedeutsamer für Individuen sein können als Gesellschaften, weil diese ihre Bindekräfte verlieren. Auf der anderen Seite prägen und erzeugen gesellschaftliche Strukturen und Entwicklungen Gruppen. Mit dem Blick auf die Radikalisierung sollte die Frage, wie radikal oder extremistisch Gesellschaften sind und ob sich deshalb Einzelne aus der Mitte an den extremistischen Rand bewegen oder dort Gruppen anschließen, wichtig sein. Auch die Radikalisierung von Gesellschaften formiert sich über und in Gruppen.
Selbst einzelne radikalisierte Personen, die nicht (mehr) Mitglied von Gruppen sind, teilen soziale Identitäten von imaginierten Gruppen oder radikalisieren sich mit Bezug auf Gruppen. Ebenso wurde aber auch deutlich, dass nicht alle Individuen in Gruppen sich in gleichem Maße radikalisieren. Demokratisch orientierte Gesellschaften sind daher stets gehalten, das Risiko der bestehenden, besonders der extremistischen, Gruppen genau einzuschätzen und sich so vor Extremismus und Radikalität von Gruppen zu schützen.
Die Einschätzung des Bedrohungs- und Risikopotenzials gelingt einfacher bei eindeutig terroristisch orientierten Gruppen. Sprinzak (1998) hat Indikatoren zur Einschätzung des Terrorrisikos von Gruppen systematisiert. In den „Terrorism Potential Index“ (Abkürzung: TPI) gehen auch historische, kulturelle und kontextbezogene Faktoren ein, wie z. B. Konfliktkulturen in Gesellschaften, kommunale Konflikte im Lebensraum extremistischer Gruppen oder die soziale Instabilität; das macht den Index hochinteressant. Es werden Faktoren berücksichtigt, die die Gruppen direkt beeinflussen, wie z. B. rivalisierende Gruppen und Unterstützungsnetzwerke.
Es fließen ebenso Faktoren der unmittelbaren Situation ein, in der sich eine Gruppe befindet, wie z. B. auslösende Ereignisse, die die Radikalisierung fördern. Dies gilt beispielsweise für Anschläge auf Menschen und Gruppen, mit denen sich eine Terrorgruppe identifiziert. Schließlich werden gruppenspezifische Faktoren unterschieden sowie Faktoren, die die Organisation der Gruppe beschreiben, wie z. B. Gruppendynamiken oder Verhaltenstendenzen in der Gruppe. In Tabelle 2 sind die daraus abgeleiteten Warnfaktoren aufgeführt.
Es gibt eine Reihe weiterer Risikomodelle und Bedrohungsansätze, die aktuell in der Forschung und Praxis entwickelt und geprüft werden.69) Allerdings sind diese weniger auf die Frage des Risikos der jeweiligen extremistischen Gruppen in all ihren hier genannten Merkmalen und Elementen des Gruppenprozesses ausgerichtet, als vielmehr auf Individuen, auch wenn diese in Gruppen verbunden sind. Insgesamt ist die Forschung, die extremistische Gruppen als von Individuen unabhängige Größe versteht und sich auf Gruppenprozesse, -dynamiken und -mechanismen konzentriert, noch relativ schwach ausgebildet.
Tabelle 2: Warnindikatoren für das Terrorrisiko bei radikalisierten Gruppen nach Sprinzak 1998
Indikator | Erhöhung von Terrorgefahr durch: | |
1 | Intensität der Delegitimierung | Ausmaß, in dem die Gruppe die Legitimität ihrer Gegner infrage stellt (Delegitimierungspotenziale) |
2 | Moralische Hemmung und Tabus gegen Gewalt | Gesellschaftliche Strukturen über die Legitimität von Gewalt; Gruppen, die in zersplitterten politischen Kulturen mit einer Geschichte der Gewalt operieren, stellen ein größeres Risiko dar |
3 | Vorherige Gewalterfahrungen | Erfahrung der Mitglieder mit Gewalt, Konflikten und Waffen |
4 | Rationale Einschätzung von Risiken und Möglichkeiten | Ausmaß, in dem die radikale Gruppe die Notwendigkeit und Durchführbarkeit der Konfrontation ihrer Feinde mit Gewalt berechnet hat |
5 | Organisationale, finanzielle und politische Ressourcen | Ausmaß, in dem die radikale Gruppe über die Mittel verfügt, eine terroristische Kampagne zu unterstützen |
6 | Sinn für bevorstehenden Stress | Ausmaß, in dem sich eine radikale Gruppe von ihren Feinden bedroht fühlt; je unmittelbarer und katastrophaler die Bedrohung ist, desto größer ist das Risiko, dass die Gruppe auf den Terrorismus zurückgreift |
7 | Wettbewerb zwischen Gruppen | Grad, in dem eine radikale Gruppe mit einer anderen Gruppe um einen schrumpfenden Wahlkreis und Terrorismus konkurriert; er wird als der Weg angesehen, um die Gruppe an der Spitze zu halten |
8 | Alter der Aktivisten | Ausmaß, in dem sich die radikale Gruppe aus jungen Aktivisten zusammensetzt; je größer die Konzentration der Aktivisten zwischen 18 und 25 Jahren ist, desto größer das Risiko |
9 | Externe Einflüsse und Manipulation | Art und Umfang der Unterstützung radikaler Organisationen; Geld und Ausbildungsunterstützung von ausländischen Regierungen etc. |
10 | Sinn für Demütigungen und Bedürfnis, Rache zu nehmen | Ausmaß, in dem die radikale Gruppe physischer Unterdrückung oder Folter ausgesetzt ist oder sich von ihren Feinden gedemütigt fühlt (Rachemotiv) |
11 | Anwesenheit gewaltorientierter Führungspersonen | Grad, in dem der Führer, die Führerin oder die Führung der radikalen Gruppe eine Geschichte gewalttätigen Verhaltens zeigt; je gewalttätiger die Führer und Führerinnen, desto größer das Terrorismusrisiko |
Herausforderungen für die Forschung
Schon in der Einführung in die Gruppenforschung weist der Sozialpsychologe Sader (1994) darauf hin, dass in alle Bestimmungen von Gruppen Sachverhalte eingehen, die letztendlich im Erleben der Beteiligten vorkommen und daher für die subjektive Wahrnehmung in Gruppen eine besondere Bedeutung haben. Die zentralen Elemente, nach denen sich Gruppen definieren, sind ein Zusammengehörigkeitsgefühl, gemeinsame Ziele und Normen, die Identifikation sowie die Beurteilung und Wertung der Mitglieder untereinander. Sie prägen die Sozialpsychologie einer Gruppe, und sind für extremistische Gruppen relevant. Sader weist ebenso darauf hin, dass sich Gruppenforscherinnen und -forscher keine Gruppendefinition aufzwingen lassen. Wesentlich zur Bestimmung von Gruppen sei es, zu verstehen, wie Gruppen Zugehörigkeit definieren, Ziele verfolgen, Normen, Verhaltensvorschriften und Aufgaben teilen, Rollen differenzieren, Außenkontakte haben, sich mit Bezugspersonen identifizieren und sich räumlich und zeitlich von der weiteren Umgebung abheben etc. Zu diesem Verständnis soll das vorliegende Kapitel beitragen und das ist für die Analyse ebenso relevant wie für die Praxis, also den Umgang mit extremistischen Gruppen und ihren Mitgliedern. Allerdings musste bei der Dokumentation von wesentlichen Strukturen und Prozessen in extremistischen Gruppen immer wieder hervorgehoben werden, wo Analysen und Forschungen fehlen. Gruppen zu verstehen heißt, sie mit ihren Dynamiken und als eigenständige Einheiten zu erforschen. Das fehlt in weiten Teilen. Hier sollen nicht sämtliche Forschungslücken noch einmal aufgeworfen, sondern Themen genannt werden, die zur weiteren Forschung animieren.
Die „Gruppensicht auf den Extremismus“ legt es nahe, extremistische Gruppen im Kontext von anderen Gruppen zu verstehen. Dazu fehlen Forschungen, die auch als vergleichende Analyse angelegt werden können.70) Eine umfassende quantitativ vergleichende Studie extremistischer Gruppen, wie sie die Terrorismusforscher Gambetta und Hertog (2016) in einer groß angelegten Studie über jihadistische Gruppen durchgeführt haben, fehlt in der Extremismusforschung. In ihrer Studie haben die Autoren eine umfangreiche und viele Länder umspannende Stichprobe von Jihadistinnen und Jihadisten zusammengestellt und geprüft, in welchem Zusammenhang Bildung und Affinität für extremistische Gruppen stehen. Diese Analysen beleuchten allerdings nur einen Ausschnitt – eben zuletzt die Motivation des Anschlusses an Gruppen – aus den vielen Faktoren, die die Gruppendynamik beschreiben. Es sind weitaus genauere und umfangreichere Studien zu den Unterschieden in den Gruppenstrukturen und -prozessen der unterschiedlichen Extremismusphänomene notwendig.
Bislang sind viel zu wenige vergleichende Analysen der Gruppendynamiken in unterschiedlichen extremistischen Gruppen erfolgt, die nach den Unterschieden und Ähnlichkeiten extremistischer Gruppen in Entstehung, Auflösung und Dynamik fragen.71) Es gibt Vergleiche des Extremismus in der Forschung (siehe oben), die Gruppen historisch, politologisch, kriminologisch und v. a. mit Blick auf die Ideologien vergleichen72), aber es fehlt eine systematische Analyse der Gruppenprozesse und der Dynamik gegenseitiger Abgrenzungen von extremistischen Gruppen. Eine wichtige Forschungsfrage wäre z. B., wie Strukturen unterschiedlicher extremistischer Gruppen Zusammenhalt schaffen. Ebenso sind die Vergleiche von extremistischen Gruppen mit anderen Gruppen wie Gangs, Sekten oder der organisierten Kriminalität noch nicht hinreichend.
Solche Analysen lohnen sich, wie eine Studie von Alimi, Bosi und Demetriou zeigt.73) Sie haben den Vergleich einer zypriotischen Gruppe (Enosis-EOK), der IRA und der Fatah-Tanzim-Gruppe vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen Unterschiede in den Dimensionen
a) des Verhältnisses der Terrorgruppe und ihrer gesellschaftlichen Umwelt (Eskalationsspirale),
b) des Wettbewerbs um die Macht innerhalb der Gruppen,
c) des Verhältnisses zwischen Mitgliedern und Sicherheitsakteuren sowie
d) des Verhältnisses zwischen der Terrorbewegung und Gegenbewegungen. Sie zeigen einerseits, wie sich die Gruppen in den Dimensionen unterscheiden, wodurch ihre Charakteristika deutlich werden. Andererseits wird ersichtlich, wie sehr eine Veränderung von Zielobjekten des Terrors die Radikalisierungen befördert. Das Auftauchen von extremistischen Gegenbewegungen führte demnach in allen Gruppen zu einer Radikalisierung. Sobald alternative extremistische Gruppen erschienen, radikalisierte sich die Gruppe.
Post (2010) hat einen anderen Aspekt verglichen. Er schlägt eine eher psychologische Sicht auf die Unterschiede terroristischer Gruppen vor. Er meint, die Loyalität junger Menschen zu Eltern und Familien sowie die Beziehung der Eltern zur Mehrheitsgesellschaft erkläre unterschiedliche Motivationen, sich national-separatistischen und sozialrevolutionären Terrorgruppen anzuschließen. Dazu führt er Ergebnisse aus Interviews mit islamistischen und palästinensischen Terrorgruppen an.
Auf der Grundlage dieser Systematik von Risikofaktoren, die Sprinzak unterschieden hat (Tab. 2, oben), differenzieren Post und seine Koautorinnen und Koautoren fünf typische extremistische Gruppen: nationalistisch-separatistische, sozial-revolutionäre und religiös-fundamentalistische Gruppen, nicht-traditionell religiöse Extremisten und „neue Religionen“ (geschlossene religiöse Sekten und Kultusgruppen) sowie rechtsorientierte bzw. rechtsextremistische Gruppen. Sie unterscheiden sich qualitativ und je nach Zeit und Raum, in dem sie sich unterschiedlich entwickeln.74) Dazu gehört auch die Reaktion extremistischer Gruppen aufeinander. Grundsätzlich ermitteln die Autoren anhand von 32 Variablen, die sie auf jede der Gruppen anwenden und kombinieren, wesentliche Unterschiede, die wiederum relativ klar zu identifizieren sind. Anhand dieser Faktoren sei es möglich, Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Erstens seien historische, kulturelle und kontextuelle Merkmale für alle Terrorgruppen wichtig und ließen sich durch offen zugängliche Quellen und Expertenwissen gut erkennen. Dies gelte allerdings weniger für neue Religionsgruppen. Zweitens ließen sich Gruppenmerkmale, Prozesse und Strukturen der Gruppen für die Vorhersage des Terrorismus über alle fünf Gruppentypen hinweg als wichtig einstufen. Gruppenideologien und -ziele, Erfahrung mit Gewalt, autoritäre Führung und Entscheidungsfindung, organisatorische Prozesse wie Rekrutierung, Training und die Zermürbung der Mitglieder sowie gruppenpsychologische Prozesse wie Demütigung und Rache, Bedrohungsbewusstsein und negative Charakterisierung des Feindes sind nach Einschätzung von Post et al. besonders wichtig. Drittens seien bei neuen religiösen Gruppen vor allem Führungsstrukturen und -personen wichtiger als andere Faktoren. Eine geschlossene und intensive Umgebung neuer religiöser Gruppen gäbe den Führungs- und Sozialisationsprozessen eine extreme Bedeutung, wobei charismatische Führungspersonen eine wichtige Rolle spielten.
Die Gruppendynamiken, die im vorliegenden Beitrag ausgearbeitet wurden, sind in vielen Gruppen nach Sicht von Studien und Erfahrungsberichten also ähnlich. Gewissermaßen sind Terrorgruppen aus sozialpsychologischer Sicht weniger unterschiedlich als sie in der Bedeutung und Inszenierung ihrer Ideologien, Botschaften, äußeren Merkmalen etc. erscheinen. Selbstverständlich unterscheiden sich die verschiedenen radikalen, extremistischen und terroristischen Gruppen in Geschichte, räumlicher Verortung, Ideologie und vor allem ihren ideologischen Zielen und Feinden. Mit dem Blick auf Ähnlichkeiten der Gruppendynamik ergeben sich aber andere Typologien als mit einem Blick auf politische oder religiöse Ideologien.
Die Konstellation von Risikofaktoren und Vergleiche extremistischer Gruppen verweisen auf die Komplexität und Heterogenität von Gruppenprozessen. Manche extremistische Gruppe ist zudem langlebiger als Kleingruppen, Zellen und Online-Netzwerke, die entstehen und sich wieder auflösen. Gerade mit Blick auf den Extremismus im Netz (vgl. Modul 3.4 im vorliegenden Band) stellt sie die Frage nach der Kohärenz und Konsistenz von extremistischen Gruppen. Gruppen, die online wie offline aktiv sind, scheinen stabiler zu sein, als Gruppen, die nur online sind.75)
Um Gruppen genauer zu untersuchen, müsste die Forschung viel längerfristig angelegt sein. Zudem müsste sie eigentlich innerhalb der Gruppen durchgeführt werden, was selbstverständlich aus ethischen, moralischen, rechtlichen und methodischen Gründen kaum möglich ist. Die Forschung ist auf Analysen von außen und Berichten „von innen“, also aus radikalen Gruppen heraus, angewiesen. Analysen mit Aussteigern sind hilfreich, aber sie unterliegen oft einer rückblickenden Wahrnehmungsverzerrung ehemaliger radikaler, extremistischer oder terroristischer Personen. Simulationsstudien oder Forschungssynthesen liegen leider nicht vor, obgleich sie eine Alternative und wichtige Ergänzung zu Studien bieten, die Gruppen „von außen“ erforschen. Die Analyse der Dynamik und Prozesse in solchen Gruppen ist in den Theorien über Gruppenprozesse der Radikalisierung und auch in den Methoden noch stark zu verbessern. Ein enger und intensiver Austausch von Theorien und Daten zwischen unterschiedlichen Vertreterinnen und Vertretern aus Forschung und Praxis, die mit Gruppen arbeiten, erfolgt ebenso nicht systematisch.
Die bisherige Darstellung der Gruppenelemente und -dynamiken, ist ein erster Versuch, Wissen aus der Kleingruppen- und Konfliktforschung auf das Wissen über extremistische Gruppen zu übertragen. Die Analyse des Extremismus auf der „Gruppenebene“ hat dabei Grenzen. Die Radikalisierung zum Extremismus ist kein alleiniges Gruppenphänomen. Eine wichtige Frage, die an jede Analyse der extremistischen Gruppe anschließen muss, ist, in welchem Verhältnis die Phänomene in und zwischen Gruppen mit ihrem historischen und gesellschaftlichen Kontext stehen. Die Entstehung, Ausprägung und Dynamik extremistischer Gruppen ist ein Reflex auf historische, gesellschaftliche und individuelle Gegebenheiten. Dass dies immer mitzudenken ist, sollte in der vorliegenden Analyse deutlich geworden sein.
Extremistische Gruppen formieren sich in gesellschaftlichen Krisen- und Konfliktlagen, greifen diese auf und werden attraktiv, wenn sie Menschen binden können, die auf ihre gesellschaftlichen Gegenbilder und Heilsversprechen reagieren. Dazu bieten sie ihnen neue soziale Identitäten an. Gruppen sind das Scharnier zwischen Gesellschaft und Individuum. Wird dabei beachtet, dass Individuen in Gruppen nicht als Einzelne, sondern als Gruppenmitglieder zu verstehen sind, die von ihrer persönlichen Identität hin zu einer Gruppenidentität wechseln, dann wird noch einmal deutlich, wie relevant das Wissen über Gruppenprozesse für das Phänomen der Radikalisierung ist. Radikalisierungsprozesse sind letztendlich extreme Gruppenprozesse.
Dabei ist auch zu überlegen, inwieweit eine Veränderung des Extremismus und Terrorismus zu erwarten ist. Der neue Terrorismus ist im Vergleich zum alten Terrorismus wahlloser und symbolischer in Bezug auf die Auswahl von „Feinden und Opfern“. Er ist eher in kleinen Gruppen und Zellen organisiert, die Waffen sind unkonventioneller und die typischen Motive lassen sich weniger auf einem politischen Links-Rechts-Schema einordnen.
Zudem befinden sind viele Gesellschaften in einem hohen Spannungszustand, der durch populistische Bewegungen erzeugt wird. Die Polarisation, die z. B. rechtspopulistische und neurechte Gruppen und Parteien vor allem durch menschenfeindliche Propaganda erzeugen, werden von bereits bestehenden rechtsextremen Gruppen und Zellen aufgegriffen und genutzt, zumal sie eine Verbindung zu neurechten Überzeugungen bieten, die weit in der Mitte der Gesellschaft zu finden sind.76) Gesellschaften befinden sich aber nicht nur in einem Zustand der Polarisation, sondern auch der Spaltung, die durch Globalisierungen, Vereinzelung und massive Leistungswettbewerbe entstehen. Es geht rabiater zu. Dies beflügelt Widerstandsideen und die Bildung von Gruppen, die der Idee einer (markt-)liberalen und offenen Demokratie Heilsbilder einer nationalen Gesellschaft entgegensetzen und neue identitäre Bewegungen gründen.77) Dies gilt auch für Gruppen, die durch die Migrationsgeschichte geprägt sind. Aufgrund von Diskriminierungserfahrungen und gefühlten oder tatsächlichen Ungleichwertigkeiten/Ungleichbehandlungen setzen sie zur Bildung von Gruppen und für die Anwerbung junger Menschen zunehmend exklusive religiöse Heilswelten erfolgreich ein. Die aktuellen neosalafistischen Gruppen dokumentieren dies sichtbar.
Herausforderungen für die Praxis
Die Übersicht über Gruppenprozesse weist darauf hin, dass genaue Analysen der Dynamik von Gruppen nicht nur sinnvoll, sondern auch möglich sind. Sie zeigt zudem, wie sich der Extremismus von Gruppen anhand von Gruppenstrukturen und -dynamiken darstellen lässt. Dies sollte für die Prävention und Intervention, die in Kapitel 5 und 6 vorgestellt werden, relevant sein. Aus der Betrachtung der Gruppendynamik und -prozesse muss resultieren, die Arbeit mit extremistischen oder radikalisierten Gruppen systematisch und auf der Grundlage von soliden, wissenschaftlich begleiteten und gut geprüften Gruppenanalysen und -ansätzen zu entwickeln. Es geht um mehr als die Arbeit mit einzelnen Mitgliedern von Gruppen. Es geht um die „Gruppenprävention und -intervention“.
Gruppendynamisch ausgearbeitete Ansätze sind allerdings in der Präventions- und Deradikalsierungspraxis kaum zu finden. Die Arbeit mit und in Gruppen im Bereich der Prävention und Intervention gibt es zwar und viele Projekte etc. nehmen sie vor, aber es geht um Ansätze der Gruppendynamik, die die oben genannten Aspekte und Befunde berücksichtigen. Es geht um spezifische Ansätze, wie sie z. B. Rojzman mit der „sozialen Therapie“ entwickelt hat.78) Ein gutes Beispiel ist auch die umfassende und wissenschaftlich begleitete Sozialarbeit der Stadt Aarhus.79) Sie umfasst gruppenspezifische Präventions- und Interventionspakete. Viele weitere Ansätze aus der Pädagogik und Sozialarbeit betonen die Gruppenarbeit, obwohl es nicht einfach ist, zu erkennen, ob diese dabei ein spezifisches Konzept verfolgt.80)
Gerade für die frühe Prävention ist ein Verständnis extremistischer Gruppenstrukturen und -dynamiken von großer Bedeutung. Die Forschung zeigt, wie gerade in frühen Phasen Menschen durch Bindung an Gruppen extremistisch werden. Viele Deradikalisierungsansätze richten sich auch auf Gruppen, aber sie fokussieren sich darauf, Einzelne aus den Gruppen zu entbinden oder zu deradikalisieren. Gruppentherapien oder Gruppenarbeit mit hoch radikalisierten oder gar extremistischen Gruppen findet man weniger. Im Ausland kommen Gruppenansätze zur Deradikalisierung und Distanzierung von Terrorgruppen häufiger vor. Dabei geht es auch um Ansätze zur Rehabilitierung und Wiedereingliederung in soziale Netzwerke. In ihrer Übersicht über Ansätze der Radikalisierungsprävention machen Ceylan und Kiefer81) deutlich, wie wesentlich soziale Gruppen für die Prävention sind. Prävention, die sich auf radikalisierte und extremistisch orientierte Menschen richtet, muss wissen, in welchen Gruppen die Personen sind und in welche Gruppen sie nach einem erfolgreichen Projekt oder einer Maßnahme aufgenommen werden können. Dazu wiederum ist selbst die Präventions- und Interventionsarbeit ein Gruppenprozess, denn auch jene, die gegen den Extremismus operieren, tun dies als Mitglieder kollektiver Gemeinschaften und werden von jenen, die sie erreichen wollen, auch so wahrgenommen. Es lohnt sich also am Ende auch, darüber nachzudenken, welche Gruppen notwendig sind, um extremistischen Gruppen ihre Kraft zu entziehen und Gewaltrisiken zu mindern.
Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul
Fussnoten
1)
Die umfassende Analyse des Chat-Protokolls ist veröffentlicht bei FNRP 2017.
2)
Aust 2017.
3)
Aust/Laabs 2014.
4)
Sehr aufschlussreich sind die Prozessprotokolle, die eine Gruppe von Journalistinnen und Journalisten publiziert hat (Rammelsberger et al. 2018).
5)
Zum Konzept der Milieus vergleiche das Buch „Radikale Milieus“ von Malthaner/Waldmann 2012.
6)
Vgl. die Ausführungen in Rechtspopulismus und Rechtsextreme - Seite 1 sowie die Übersicht bei Zick 2017.
7)
Vgl. dazu Digitaler Wandel, Radikalisierungsprozesse und Extremismusprävention im Internet - Seite 1 sowie das Übersichtsmodell der Radikalisierung von McCauley/Moskalenko 2008.
8)
Böckler/Hoffmann/Zick 2015.
9)
Zu empfehlen ist die in Romanform gut nachvollziehbare Biografe von Asne Seierstad 2016.
10)
Einen Ansatz, der Radikalisierung als eine soziale Inszenierung versteht, habe ich an anderer Stelle ausführlicher vorgestellt (Zick 2017a).
11)
Sehr zu empfehlen ist die Lektüre der NSU-Geschichte von Aust/Laabs 2014.
12)
Vgl. Ramelsberger et al. 2018.
13)
Gut untersucht ist dies aktuell im Bereich des islamistischen Extremismus (vgl. Ferguson/Binks 2015).
14)
Auch die Analyse von Konversionsprozessen steht im Fokus aktueller Forschungen zum islamistischen Extremismus. Gut erforscht wird dabei zum Beispiel die Rekrutierung im Internet (vgl. Davies et al. 2015).
15)
Eine gute Übersicht gibt die frei zugängliche Broschüre von Köhler/Ebner 2018.
16)
Einen interessanten Ansatz zum Verständnis ritueller Gewalt und von Initiationsriten in unterschiedlichen gewaltorientierten Gruppen gibt Perlmutter 2004.
17)
Im Falle der sehr heterogenen Protestgruppe Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) war dies gut zu beobachten (vgl. dazu Zick/Küpper/Krause 2016). Sie konnte an Mehrheitsmeinungen anknüpfen und durch die Ideologie des Widerstandes gegen vermeintliche Mehrheiten die Idee, eine Bewegung zu sein, als Identifikationsgrundlage kreieren.
18)
Eine Synthese des Wissens über die psychologischen Grundlagen bieten im vorliegenden Band das Die psychologische Dimension von Radikalität, Extremismus und Terrorismus - Seite 1 sowie der Bericht über psychologische Einflussfaktoren auf die Radikalisierung von Zick et al. 2019.
19)
Eine gute Übersicht über die Gruppenforschung gibt der Sozialpsychologe Rupert Brown 2001.
20)
Die Kleingruppenforschung ist sehr gut bei Sader 1994, die sogenannte Intergruppenforschung bei Abrams/Hogg 1990 geschildert.
21)
Lindgren 1973, 347, zitiert nach Sader 1994.
22)
Olmsted 1959, 21, zitiert nach Sader 1994.
23)
McDavid/Harari 1968, 237, zitiert nach Sader 1994.
24)
Vgl. dazu die aktuelle Übersicht von Nitsch 2018.
25)
Es lässt sich nicht einfach festlegen, bei welcher Mitgliederzahl von welcher Gruppe die Rede ist. Etabliert hat es sich, bei einer Dyade von 2 Mitgliedern auszugehen, einer Kleinstgruppe von 2 bis 6 Mitgliedern, einer Kleingruppe von drei bis 30 Personen und einer Großgruppe von mehr als 30 Personen.
26)
Zur Vertiefung vergleiche die Studie von Enders/Jindapon 2010.
27)
Van Hiel 2012 hat eine umfangreiche Analyse der psychologischen Profile von politischen Aktivistinnen und Aktivisten, moderaten Parteien, Kommunistinnen und Kommunisten, Anarchistinnen und Anarchisten sowie Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten vorgenommen und gezeigt, dass die Heterogenität in den Gruppen höher ist als die vielmals angenommene These, die Mitglieder wären homogen, oder salopp ausgedrückt, sie würden alle gleich „ticken“ (vgl. auch die Analyse von Wojcieszak 2010).
28)
Das ist allerdings empirisch noch nicht hinreichend nachgewiesen, wie Montag 2018 zeigt.
29)
Das haben wir in den Analysen der eingangs genannten WhatsApp-Gruppe sowie in Interviewstudien gezeigt (vgl. dazu Srowig et al. 2017).
30)
Vgl. die aktualisierte und umfassende Dokumentation von Aust 2017.
31)
In diesem Zusammenhang ist die Lektüre von Smith 2015 empfehlenswert.
32)
FNRP 2017.
33)
Separatismus in Spanien 2012, in Bundeszentrale für politische Bildung.
34)
Vgl. Turk 2004.
35)
Vgl. Srowig et al. 2017; Zick 2017a.
36)
Vgl. Kruglanski/Fishman 2009.
37)
Wir haben dies in weiteren Arbeiten ausgeführt (vgl. Srowig et al. 2017; Roth et al. 2015).
38)
Vgl. Bouchard 2015.
39)
Vgl. Andersen/Sandberg 2018.
40)
Malthaner/Waldmann 2012.
41)
Vgl. Backes/Jesse 2006.
42)
Moghaddam 2018 spricht von gemeinsamer Radikalisierung und zeichnet sehr eindrucksvoll nach, wie sich extremistische Gruppen gegenseitig „hochschaukeln“ und radikalisieren.
43)
Vgl. die Studien des Forschungsnetzwerks FNRP 2017 sowie die Übersicht von Logvinov 2017.
44)
Vgl. auch Backes 2006.
45)
Vgl. die Einführung in die sozialpsychologischen Grundlagen von Hogg/Vaughan 2005.
46)
Das zeigt empirisch sehr gut die Studie von Pickering/McCulloch/Wright-Neville 2008.
47)
Vgl. Moreland/Levine/Cini 1993.
48)
Kilb 2015, 20.
49)
Vgl. Johnston 2016.
50)
Vgl. Beelmann/Jahnke/Neudecker 2017.
51)
Eine Einführung und Zusammenfassung fndet sich bei della Porta 2018.
52)
Für eine Übersicht über unterschiedliche Hypothesen zu den Antriebsfaktoren vgl. auch Allan et al. 2015.
53)
Vgl. Guadagno et al. 2010.
54)
Vgl. dazu die Studien zum IS von Dahmer 2015 und Mekhennet et al. 2015.
55)
Vgl. Reuter 2015.
56)
McCauley/Moskalenko 2008.
57)
Vgl. dazu die Übersichten von Pisoiu 2013 und Daalgaard-Nielsen 2010.
58)
Vgl. dazu auch Kapitel 3/Modul 3.3. sowie die Analysen von Srowig et al. 2018 und die Studie von Lützinger 2010.
59)
Zick 2017a.
60)
Kruglanski et al. 2013.
61)
Vgl. Zick 2005.
62)
Siehe Böckler/Leuschner/Zick/Scheithauer 2018.
63)
Vgl. zur Theorie die Zusammenfassung von Zick 2005.
64)
Die Extremismusforscherin Haase 2014 hat solche Darstellungen in rechtsextremer Musik untersucht. Sie kann drei zentrale Gruppen von Feindbildern unterscheiden. Einerseits ist die Musik geprägt von populären menschenfeindlichen Feindbildern, die den Zusammenhalt der Gruppe (Nation, WIR) und Differenz zu den anderen (Feinden, Minderwertigen) ausdrückt und den Gruppen, die es zu bekämpfen oder sogar auszulöschen gilt, Eigenschaften wie „faul“, „dreckig“, „betrügerisch“, „gewaltbereit“ und „respektlos“ zuschreibt. Anderseits gibt es rassistisch-dehumanisierende Bilder von Feinden, die sie eben nicht mehr menschlich erscheinen lassen, und drittens werden die Feinde indizierungsresistent stilisiert, das heißt sie sind deshalb bedrohlich, weil sie vage sind, alles beherrschen und nur die Ingroups die Wahrheit kennen.
65)
Vgl. FNRP 2017.
66)
Vgl. Bjørgo/Horgan 2009.
67)
Vgl. Gadd 2006.
68)
Vgl. van de Wetering/Zick 2018.
69)
Vgl. zum Jihadismus z. B. Borum 2015; Fischer/Pelzer 2016; zum Warnverhalten und zur Bedrohungseinschätzung Meloy/Hoffmann 2014.
70)
Im Jahrbuch für Extremismus- und Terrorismusforschung 2017/18 (I) zeichnet Pfahl-Traughber weitere Erkenntnisse der vergleichenden Forschung nach.
71)
Vgl. Zick 2017c.
72)
Vgl. Backes/Jesse 2006.
73)
Alimi/Bosi/Demetriou 2012.
74)
Vgl. Post et al. 2002 a, b.
75)
Das haben jüngst Analysen der Pegidagruppen in Europa von Berntzen/Weisskircher 2016 gezeigt.
76)
Vgl. Zick/Küpper 2018.
77)
Vgl. Zick/Küpper/Berghan 2019.
78)
Vgl. Rojzman/Rothenbühler/Rothenbühler 2015 sowie Rojzman 1997.
79)
Dokumentiert von Agerschou 2014/15.
80)
Vgl. z. B. de Meere/Lensink (o. J.).
81)
Ceylan/Kiefer 2018.
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