Bundeskriminalamt (BKA)

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Abschließende Empfehlungen

In Konsequenz des bislang Erörterten ist aktuell und mindestens für die nähere Zukunft zunächst die „Dresdner Erklärung des 23. Deutschen Präventionstages“ und seiner Veranstaltungspartner, darunter das BMFSFJ, vom Juni 2018 orientierungsgebend, wonach „ein Schwerpunkt auf die wissenschaftliche Evaluation von Präventionsmaßnahmen und Programmen zu legen“ ist – ein Postulat, das, wie Baier79) richtig anmerkt, sowohl Bereitschaft von Präventionsakteuren voraussetzt, „Extraaufwände bezüglich der Datengewinnung“ einzukalkulieren, als auch die „Bereitschaft der diese Maßnahmen finanzierenden Stellen“ einschließt, verstärkt „unabhängige Evaluationen als einen Bestandteil einer Projektdurchführung mit zu fördern“.

Bedeutsam ist es, dass bei der Auftragsvergabe nicht mit jener fatalen, praxisfernen und daher realitätsfremden Einseitigkeit, wie dies das Federal Department of Education in den USA (2005, 3586) gemacht hat, „random assignment and quasiexperimentell designs“ als „most rigoros methods“ präferiert werden. Vielmehr ist der Anwendungsorientierung von Evaluation zuträglich, wenn seitens des Personals wissenschaftlicher Evaluation Verständnis für die Anliegen und Handlungslogiken der Praxis aufgebracht wird und dieses konzeptionell Berücksichtigung findet.

Im Einzelnen ist für Evaluationsvorhaben im Bereich der Extremismusprävention zu empfehlen:

  • Wenn Sie extremismuspräventive Angebote planen, kalkulieren Sie von vornherein organisatorisch, zeitlich und finanziell deren Evaluation mit ein und werden Sie sich darüber im Klaren, welche Erwartungen Sie damit verbinden (können). Dies gilt auch, falls Sie bereits Angebote durchführen und nunmehr deren Evaluation beabsichtigen. Geht es Ihnen (nur) um Wirkungsnachweise oder (auch) um Auskünfte über Konzept-, Prozess- und Strukturqualitäten sowie deren Funktionszusammenhänge mit feststellbaren Resultaten?
  • Um sachgerecht entscheiden zu können, ob Selbstevaluation ausreichend ist oder eine externe wissenschaftliche Evaluation notwendig und möglich erscheint, empfiehlt es sich, sich als Praxisträger an das Personal von Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit einschlägiger Expertise in anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung sowie zugleich möglichst auch mit thematischen Kenntnissen und praxisnahen Erfahrungen, vorzugsweise in der Region, zu wenden und das Vorhaben damit ausführlich zu erörtern.
  • Anwendungsorientierte Evaluation von Programmen, Projekten und Maßnahmen der Extremismusprävention versteht sich nicht als Controlling. Ihr Wert bemisst sich schon gar nicht danach, wie viel Einsparpotenzial sie entdeckt. Sie erkennt die Arbeit der Akteure an und sucht gemeinsam mit ihnen nach Verbesserungspotenzialen, um die selbstgesetzten Ziele in geeigneter, zielführender und effizienter Weise zu erreichen.
  • Gelingende Evaluation hält nicht nur die o. g. Standards für diese Arbeit ein, sie lebt auch vom kontinuierlichen Austausch mit möglichst allen, die an dem evaluierten Angebot beteiligt sind: Träger, Beschäftigte, Klientinnen und Klienten, Bezugspersonen, Kooperationspartner. Sie würdigt das Praxis- und Alltagswissen dieser Gruppierungen in seiner Vielfalt und bezieht es als wichtige Erkenntnisquellen in ihre Arbeit ein. Darüber hinaus erkennt sie die besondere Notwendigkeit des Schutzes von Vertrauensverhältnissen an und sucht durch das Angebot verlässlicher Zusammenarbeit eventuelle anfängliche Befürchtungen zu zerstreuen.
  • Auf der Seite von Trägern und deren Beschäftigten setzt dies die Bereitschaft voraus, Evaluation als Teil eines eigenen Lern- und Entwicklungsprozesses zu verstehen und in ihn entsprechend zu investieren. In diesem Sinne sind nicht nur Erfolgsmeldungen, sondern auch kritische Hinweise wertvolle Impulse für die künftige Arbeit.
  • Evaluation im Bereich der Extremismusprävention sollte sich nicht von dem Glauben leiten lassen, Wirkung in naturwissenschaftlicher Analogie bemessen und beziffern zu können. Der Anspruch, ihr in geeigneter Weise nachzuspüren, muss deshalb allerdings keineswegs aufgegeben werden. Dazu ist es dienlich, Wirkung intersubjektiv – aus der Perspektive möglichst aller Beteiligten an dem Angebot und der des Evaluationsteams – einzuschätzen.
  • Einen überall einsetzbaren methodischen Königsweg gibt es nicht. Die Methoden müssen dem jeweiligen Angebot, den Evaluationszielen und den Untersuchungspersonen angemessen sein. Mit Bischoff80) u. a. lässt sich formulieren: Gegenstandsangemessenheit ist der „‚neue‘ Goldstandard“. Wo möglich und sinnvoll, ist ein Mix aus quantitativen und qualitativen Verfahren anzustreben.
  • Die Verwendung von Evaluationsergebnissen und die Streuweite sowie Formen ihrer Distribution sollten von Anfang an mitbedacht werden. Ihr gestaltungsorientierendes Potenzial lässt sich nur dann faktisch umsetzen, wenn rechtzeitig die Spielräume für ggf. erforderliche neue Schwerpunktsetzungen oder optimierende Umsteuerungen ausgelotet werden.

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

Literatur