Bundeskriminalamt (BKA)

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Formen und Vorgehensweisen

Es liegt auf der Hand, dass über Formen und konkrete Vorgehensweisen von Evaluationsvorhaben, etwa Erhebungsinstrumente und Auswertungsverfahren, nicht unabhängig von der Verfolgung spezifischer inhaltlicher Interessen, dafür grundlegenden konzeptionellen Überlegungen und den mit ihnen verknüpften Zielorientierungen entschieden werden kann. Unbeschadet dessen kann ein Spektrum aufgezeigt werden, das die untersuchbaren Dimensionen und methodischen Herangehensweisen absteckt und dies mit dem Blick auf aktuelle Erfordernisse der Evaluation von Extremismusprävention tut.

Evaluationsdimensionen – Ergebnisse, Prozesse, Konzeptionen, was noch?

Stellen wir in Rechnung, dass die Extremismusprävention insgesamt, und hier verschärft die vergleichsweise noch junge sog. Islamismusprävention, nicht nur bislang unbefriedigend evaluiert ist und wenig um ihre tatsächlich erzielten Wirkungen weiß, sondern auch ihre Folgen nur höchst unzureichend auf deren Entstehungs- und Entwicklungsfaktoren zurückführen kann,30) so ist nicht nur die qualitative Beschaffenheit ihrer Ergebnisse fraglich, sondern auch ihre jeweilige Genese. In der Konsequenz erscheint es prinzipiell sinnvoll, Evaluationsdimensionen nicht nur auf Ergebnisqualitäten auszurichten. Vielmehr sind auch die Ausgangsbedingungen und ihre Einschätzungen bzw. Analysen durch Präventionsverantwortliche, die zur Anwendung kommenden Konzeptionen (bzw. Konzepte; zur Unterscheidung dieser Begriffe s.u.), die konkreten Arbeitsprozesse und die Strukturbedingungen extremismuspräventiver Angebote zu analysieren. Schon aus pragmatischen und ökonomischen, und nicht nur aus inhaltlichen Gründen können dabei in konkreten Evaluationsprojekten Schwerpunktsetzungen innerhalb dieses Spektrums erfolgen.

Soll (unter anderem oder primär) auf die Ergebnisse der Präventionsanstrengungen geblendet werden, so empfiehlt es sich, nicht allein auf den leicht sicht- und zählbaren Output – Teilnehmerzahlen, entstandene Produkte etc. – zu achten. Es müssen vor allem die Outcomes fokussiert werden, also die zielkonformen Veränderungen, die sich bei den Haltungen, d.h. in den Orientierungen und Aktivität(sbereitschaft)en, von erreichten Adressatinnen und Adressaten zeigen (vgl. hierzu wie zum Folgenden auch Abb. 1 weiter unten). Nicht weniger interessant als solche Zielerreichungsüberprüfung dürfte ein systematischer Blick auf nicht-intendierte Resultate sein: Werden Haltungsveränderungen erreicht, die gar nicht beabsichtigt waren, jedoch positiv einzuschätzen sind? Aber auch: Gibt es kontra-produktive (oder als ambivalent zu betrachtende) Ergebnisse zu verzeichnen? Insbesondere dann, wenn daneben auch die Auswirkungen von Angeboten auf die Angebotskontexte von Interesse sind, gilt es auch, ihre eventuell vorhandenen Abstrahleffekte, die Impacts, zu erfassen. So kann man ergründen, in welcher Weise das indirekt über den Einfluss von Teilnehmenden Erreichte, der eigene Träger, aber auch andere vergleichbare Träger oder ähnlich gelagerte Programme, Projekte und Maßnahmen in seinem Umfeld von den Erfahrungen des evaluierten Angebots berührt werden und womöglich von ihm profitieren können.

Prozessevaluation

Die Prozessevaluation eignet sich, um Rückschlüsse auf Effektivität, Effizienz und Geeignetheit einer Maßnahme ziehen zu können, sowie um Arbeitsprozesse auf ihre fachliche Angemessenheit zu überprüfen. Dabei werden Prozesse analysiert, um festzustellen, ob das Programm/Projekt das erfüllt oder erreicht, wofür es entwickelt wurde.

Ohne pädagogischen Optimismus in der Extremismusprävention überzustrapazieren, ist anzunehmen, dass Resultate im Regelfall nicht zufällig zustande kommen, sondern durch bestimmte Praktiken der Angebotsdurchführenden (mit-)verursacht werden. Um hierzu Rückschlüsse auf Effektivität, Effizienz und Geeignetheit ermöglichen zu können, auch jedoch, um Arbeitsprozesse auf ihre fachliche Angemessenheit überprüfen zu können, lohnt sich Prozessevaluation. Diese kann dadurch strukturiert werden, dass nach den sachlichen, zeitlichen, räumlichen und sozialen Aspekten der Prozesse sowie deren Verflechtung und Funktionalität geschaut wird. Zum Einsatz kommende Praktiken sind als Umsetzungen konzeptioneller Planungen versteh- und analysierbar. Insofern macht es Sinn, zu eruieren, inwieweit sich hier Konzeptionelles realisiert – und umgekehrt, inwieweit nicht. Zum einen geht es dann darum, herauszufinden, ob und inwiefern sich darin institutionelle Konzeptionen widerspiegeln, zum anderen ist zu untersuchen, ob und in welcher Weise sich individuelle Konzepte verwirklichen, die einzelne Angebotsdurchführende besitzen und deren Elemente sich nicht unbedingt mit der institutionellen Konzeption decken müssen, ja vielleicht ihr sogar entgegenlaufen.31)

Konzept(ions)analysen können aber auch ganz unabhängig von Umsetzungsfragen Evaluationsaufgaben bilden, etwa dann, wenn es darum geht, Wirkungs- und Handlungsziele zu bestimmen und sie in einen sinnhaften Zusammenhang mit Inhalten und Methoden zu bringen. Erfahrungsgemäß ist in der Anfangsphase von Evaluationsprojekten das Zielsystem (nicht nur) der Präventionspraxis nicht immer in sich konsistent und zudem wenig ausdifferenziert. Wirkungsannahmen sind dann entsprechend diffus und die Mechanismen möglicher Wirkung nicht detailliert zu benennen. Meist fehlt es auch an Angaben zu Indikatoren, mit deren Hilfe Zielerreichung später überprüft werden kann. Entsprechende Festlegungen sind aber notwendig, wenn Ergebnisauswertungen zum Abschluss von (Präventions-)Vorhaben nicht nach Gusto, sondern mit systematischem Bezug auf Zielsetzungen vorgenommen werden sollen. Je nachdem, wie partizipativ das Evaluationsverständnis der Evaluierenden ausfällt, wird man hier nur auf bereits Vorhandenes, vornehmlich in dokumentierter Form, Bezug nehmen oder zusätzlich auch Prozesse initiieren (müssen), die zu entsprechenden konzeptionellen Ausarbeitungen führen.

Die Qualität von Konzepten und Konzeptionen wie auch diejenige der Arbeit, der sie Orientierung geben sollen, hängt essentiell davon ab, in welcher Weise die Ausgangsbedingungen, unter denen sie entworfen werden, analysiert werden. Unter dem Gesichtspunkt von Analysequalität ergeben sich Fragen wie: Wird auf aktuelle wissenschaftliche Befunde, den state of the art, aber auch vorhandenes Praxiswissen Bezug genommen? Ist genügend Wissen über die Incomes, also die Haltungen und sonstigen relevanten Merkmale der Adressierten angesammelt und verarbeitet worden? Sind die konkreten sozialräumlichen Kontextbedingungen Gegenstand einer möglichst gründlichen Analyse gewesen? Sind die Inputs, also die Kompetenzen und Ressourcen, die Fachkräfte und andere Mitarbeitende einbringen können, in ihrem Umfang und in ihren Qualitäten geklärt und nutzbar? Wurden die strukturellen Bedingungen, die durch die Arbeit in der Trägerorganisation und ggf. mit weiteren Kooperationspartnern gegeben sind, ausreichend erhellt und bewertet?

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

Literatur