Bühne des Kapitels / Moduls
Die Bundesebene - Bundesprogramme zur Demokratieförderung und Extremismusprävention
6.3 Koordination und Umsetzung von Extremismusprävention
Inhalt des Kapitels / Moduls
Einleitung: Worum geht es?
Extremismusprävention und Demokratieförderung sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, an denen vielfältige Akteurinnen bzw. Akteure und Institutionen mitwirken. Dazu gehören zum Beispiel die Parteien, die Medien, die Schule, die politische Bildung, die Kinder- und Jugendarbeit, Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften, Migrantenorganisationen, die Polizei, die Justiz und der Verfassungsschutz. In der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland übernehmen dabei der Bundesstaat, die Bundesländer und die kommunale Ebene unterschiedliche Aufgaben. Während z.B. der Bund für die Gesetzgebung und wesentliche Bereiche der inneren Sicherheit zuständig ist, liegt die Verantwortung für Bildung auf Seiten der Bundesländer; die Zuständigkeit für die Kinder- und Jugendhilfe und damit z.B. für die Jugendarbeit wiederum liegt bei den Kommunen.
Wenn im Folgenden von den beiden Bundesprogrammen „Demokratie leben!“ und „Zusammenhalt durch Teilhabe“ die Rede ist, dann wird damit eine besondere Form der Extremismusprävention und Demokratieförderung auf Bundesebene in den Blick genommen:
- Vor dem Hintergrund der gerade erwähnten unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Kommunen handelt es sich um Programme, die allein in der Verantwortung des Bundes durchgeführt werden. Verbunden sind damit besondere Rahmenbedingungen (vgl. Abs. 2).
- Die hier im Zentrum stehenden Bundesprogramme legen einen deutlichen Schwerpunkt auf pädagogische, fördernde, beratende und bildende Aktivitäten. Auf Bundesebene ergänzen sie einerseits die behördlichen Maßnahmen zur inneren Sicherheit sowie andererseits die Angebote der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB).
- Derzeit darf der Bund keine dauerhafte Infrastruktur im Bereich pädagogisch orientierter Extremismusprävention und Demokratieförderung aufbauen oder finanzieren. Es werden Projekte gefördert, an denen der Bund aus politischen Gründen ein – um eine Formulierung aus dem § 23 der Bundeshaushaltsordnung aufzunehmen – „erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann“. Vor allem im außerschulischen Bereich sind damit vorrangig Projekte gemeint, die eine Anregungs- und Impulsfunktion für die Fachpraxis entfalten, also modellhaft neue Konzepte ausprobieren, Praxisansätze erproben und vorhandene Strategien weiterentwickeln. Sie dienen vorrangig der Weiterentwicklung der Praxis in den verschiedenen Bereichen und auf den verschiedenen föderalen Ebenen.
Mit beiden Programmen werden im Rahmen der föderalen Aufgabenteilung wichtige Anliegen verfolgt. So sind beide Programme integrale Bestandteile der „Strategie der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung“.1) Deren Ziel ist es
- „durch Prävention von Radikalisierung und Gewalt zu einer demokratischen und sicheren Gesellschaft beizutragen;
- den Schutz und die Achtung der Menschenwürde und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer durch Vielfalt geprägten Gesellschaft zu stärken;
mit umfassenden Beratungsstrukturen diejenigen zu unterstützen, die sich vor Ort für Demokratie einsetzen, die Hilfe für sich oder ihre Angehörigen brauchen und die aus extremistischen Strukturen aussteigen wollen; durch die Förderung von Engagement, Mut, Zivilcourage und Konfliktfähigkeit die gelebte Demokratie und ihre Werte zu stärken“.2)
Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die Inhalte und Strukturen der beiden Programme (Abs. 2), ihre Steuerung und Begleitung (Abs. 3) sowie ausgewählte Herausforderungen und Perspektiven dargestellt (Abs. 4).
Die Programme
Demokratie leben!
Das aktuelle Programm des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) – „Demokratie leben!“ – steht zwar in einer längeren Tradition von Bundesprogrammen zur Extremismusprävention, setzt aber deutlich neue Akzente.3) So schließt „Demokratie leben!“ vor allem im Bereich der Extremismusprävention und zu Teilen im Bereich der Demokratieförderung und Vielfaltgestaltung zunächst an die Vorgängerprogramme an, übernimmt Förderschwerpunkte (z.B. in Form der Landes-Demokratiezentren auf Bundeslandebene oder der lokalen Partnerschaften für Demokratie) bei gleichzeitig neuer Akzentsetzung. Bei den Vorgängerprogrammen handelt es sich um
- das „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“ (AgAG) (1992 –1997),
- die im Rahmen des Aktionsprogramms „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ geförderten Teilprogramme „Xenos“, „Civitas“ und „Entimon“ (2001–2006),
- die Bundesprogramme „Vielfalt tut gut“ und „kompetent. für Demokratie“ (2007– 2010)
- das Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ (2011–2014) sowie
- die Initiative „Demokratie stärken“ (2011-2014).
Zugleich setzt „Demokratie leben!“ eine Reihe neuer thematischer Schwerpunkte – abgesehen davon, dass es das bislang bei weitem finanziell am umfangreichsten ausgestattete Bundesprogramm in diesem Bereich darstellt.
Zu den neuen Schwerpunkten gehören vor allem die gleichrangige Betonung von Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention, der phänomenübergreifende Blick – also keine Fokussierung allein auf Rechtsextremismus, Linksextremismus oder islamistischen Extremismus – sowie eine bislang nicht gekannte Breite an Themen, zu denen neben den auch schon in früheren Programmen im Zentrum stehenden Themen Rassismus und Antisemitismus beispielsweise nun auch Antiziganismus, Homosexuellen- und Transfeindlichkeit und aktuelle Formen von Islam-/Muslimfeindlichkeit gehören.
Wie auch bei den Vorgängerprogrammen liegt der Schwerpunkt der Förderung aus haushaltsrechtlichen Gründen auf jungen Menschen, den mit ihnen arbeitenden Institutionen und Fachkräften, bei einigen Projekten auch ihren Eltern bzw. Personensorgeberechtigten sowie für junge Menschen wichtigen Gatekeepern.
Das Programm „Demokratie leben!“ besteht aus vier Handlungsbereichen, die zum Teil in Handlungsfelder untergliedert sind.
- Partnerschaften für Demokratie: Bei den „Partnerschaften für Demokratie“ werden Gebietskörperschaften wie Städte, Landkreise oder kommunale Zusammenschlüsse beim Aufbau partnerschaftlicher demokratiestärkender Strukturen unterstützt. Ziel ist es, kommunale Akteurinnen und Akteure aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft (z.B. Vereine und Verbände, Kirchen) zusammenzubringen und nah an den vor Ort identifizierten Problemlagen und lokalen Gegebenheiten demokratisches Engagement zu unterstützen. Organisatorisch wird dies flankiert durch die Bereitstellung von Aktions- und Initiativfonds, aus denen vergleichsweise unbürokratisch kleinere Einzelmaßnahmen vor Ort (z. B. Weiterbildungen, eine Lesung, ein Demokratiefest, Beschaffung von Arbeitsmaterialien) ermöglicht werden können, sowie eines Begleitausschusses und einer Koordinierungs- und Fachstelle. Zudem wurden im überwiegenden Teil der „Partnerschaften für Demokratie“ Jugendforen gegründet, die junge Menschen an der Steuerung der Partnerschaften beteiligen und ihnen die Chance geben, ihre Perspektiven in politische Entscheidungsprozesse einzubringen und eigene Projekte zu gestalten. Anfang 2020 werden bundesweit 300 Kommunen innerhalb dieses Handlungsbereiches gefördert (Stand: April 2020).4)
- Landes-Demokratiezentren: Bereits seit 2007 wurden im Rahmen der Bundesprogramme landesweite Beratungsnetzwerke gefördert, deren Hauptaufgaben in der Beratung von Opfern rechter Gewalt (Opferberatung), in der mobilen Beratung lokaler Akteurinnen und Akteure sowie der Ausstiegsberatung für ausstiegswillige Einzelpersonen lagen. Die Landeskoordinierungsstellen bündelten Informationen über die Expertisen und Kompetenzen von Fachkräften, um eine passgenaue Bearbeitung lokaler Problemlagen zu ermöglichen. Im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ werden diese Netzwerke und Strukturen zu Landes-Demokratiezentren weiterentwickelt und um neue Themenfelder erweitert, um auf Landesebene die demokratische Kultur zu stärken und eine nachhaltige Beratungs-, Informations- und Vernetzungsstruktur zu etablieren. Landes-Demokratiezentren gibt es in allen 16 Bundesländern.5)
- Kompetenzzentren und -netzwerke: Die gesellschaftlichen Entwicklungen in den letzten zehn Jahren (z.B. in Form des NSU, des Erfolges rechtsextremer und fremdenfeindlicher Gruppierungen, des Wiedererstarkens des Antisemitismus, des verstärkten Auftretens islamistischer Gruppierungen und zunehmender weltanschaulich und religiös motivierter Gewaltbereitschaft) haben gezeigt, dass es in den Bereichen Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention neuer Konzepte, Strategien und Strukturen bedarf. Vor diesem Hintergrund werden im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ Kompetenzzentren und -netzwerke gefördert. Aufgabe der Kompetenzzentren und -netzwerke ist es, ihre Themenfelder fachlich weiterzuentwickeln, den Fachaustausch in „Demokratie leben!“ und darüber hinaus zu fördern, erfolgreiche pädagogische Ansätze zu verbreiten sowie die Organisationen und Fachkräfte zu vernetzen und zu qualifizieren. In diesem Handlungsbereich werden Anfang 2020 vier Kompetenzzentren sowie zehn Kompetenznetzwerke mit zusammen insgesamt 30 Trägern gefördert. Sie gliedern sich in drei Handlungsfelder auf (Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention).6)
- Modellprojekte: Der Handlungsbereich „Modellprojekte“ ist der von der Anzahl der geförderten Träger her umfangreichste Handlungsbereich des Bundesprogrammes „Demokratie leben!“. Die Modellprojekte dienen der Erprobung und Entwicklung neuer Konzepte, Zugangswege und pädagogischer Arbeitsformen. Die Modellprojekte setzen vorrangig an bislang nicht ausreichend erprobten bzw. fehlenden Antworten auf neue Herausforderungen wie z. B. Antisemitismus unter bestimmten Gruppen junger Menschen, der Demokratieförderung im außerschulischen Bereich oder Hinwendungs- und Radikalisierungsprozessen bei Jugendlichen im islamistischen Kontext an und sollen hier jeweils innovative pädagogische Ansätze konzipieren und erproben. Letztendlich dienen die Modellprojekte dazu, bestehende Ansätze zu erweitern, die Fachpraxis anzuregen und bewährte Strategien in die Regelpraxis zu übertragen. Zeitlich begrenzte, auf Innovation abzielende Modellprojekte sind das zentrale Instrument des Bundes, seiner Aufgabe der fachlichen Anregung der Kinder- und Jugendhilfe, wie sie im § 83 des achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) festgelegt ist, gerecht zu werden. Anfang 2020 wurden über 150 Modellprojekte gefördert, die sich – wie die Kompetenzzentren und -netzwerke auch – in drei Handlungsfelder aufgliedern:7)
- Im Handlungsfeld „Demokratieförderung“ wird das Ziel verfolgt, verstärkt auch jene Orte und Institutionen einzubeziehen, an denen sich Kinder und Jugendliche in ihrem Alltag aufhalten. Das Handlungsfeld ist untergliedert in zwei Teilbereiche nach Altersgruppen: Demokratieförderung im Kindesalter, d.h. in Kindertagesstätten und Grundschulen, und schulische und außerschulische Demokratieförderung im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Die Modellprojekte sollen vor allem intersektionale Konzepte der Demokratieförderung, der sozialen Arbeit sowie Beratung in der politischen Bildung alters- und entwicklungsangepasst erproben. Projekte, die sich an Kinder richten, sollen partizipativ ausgerichtete Familienbildung betreiben, Fachkräfte qualifizieren oder Mitbestimmungsverfahren einrichten. Die Modellprojekte im Jugendalter sollen Jugendliche zu Engagement für Demokratie ermuntern, Methoden zur Konfliktbearbeitung im Sozialraum erproben und demokratiefördernde Maßnahmen in den Aus- und Fortbildungsstrukturen sowie dem Übergangssystem zwischen Schule und Berufsausbildung ergreifen. In dem mit 30 Modellprojekten kleinsten Handlungsfeld wird somit die gesamte Breite der kinder- und jugendbildenden Einrichtungen angesprochen.
- Im Handlungsfeld „Vielfaltgestaltung“ werden Projekte gefördert, die das Verständnis von Vielfalt und Respekt sowie die Anerkennung von Diversität fördern. Unter dem Oberbegriff „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ werden dabei in Anlehnung an empirische Erhebungen des Bielefelder Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung8) verschiedene Phänomene insbesondere im Bereich gruppenabwertender und demokratiefeindlicher Einstellungen aufgegriffen. (Weiter-)Entwickelt und erprobt werden pädagogische Konzepte in den Themenfeldern Rassismus und rassistische Diskriminierung, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslim- sowie Homosexuellen- und Transfeindlichkeit. Besonderes Augenmerk wird dabei auf Mehrfachdiskriminierung sowie auf die Verschränkung unterschiedlicher Phänomene gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gelegt. Hinzu kommen Projekte zu Chancen und Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft. Gesellschaftliche Konfliktlagen, die sich an der erhöhten Zahl von Asylsuchenden und Geflüchteten seit dem Jahr 2015 kristallisierten, waren Anlass dafür, das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft zu thematisieren. Bereits bestehende Konflikte, die sich an und mit dieser teils polarisierten gesellschaftlichen Lage verschärften und beispielsweise in zunehmenden verbalen und körperlichen Attacken gegen Geflüchtete und Engagierte äußerten, sind Gegenstand der Modellprojekte in diesem Bereich. Sie entwickeln und erproben Ansätze zur Überführung solcher Konflikte in friedliche und demokratische Aushandlungsprozesse. Insgesamt werden Anfang 2020 68 Modellprojekte in diesem Handlungsbereich gefördert.
- Das Handlungsfeld „Extremismusprävention“ widmet sich insbesondere Radikalisierungs- und Hinwendungsprozessen im Feld des Rechtsextremismus, islamistischen Extremismus sowie von linkem Extremismus. In der aktuellen Förderperiode, die 2020 begann, steht die zielgerichtete Sekundär- und Tertiärprävention von Radikalisierung bei Jugendlichen im Vordergrund: Die Modellprojekte arbeiten mit jungen Menschen, die bereits demokratiefeindlichen Ideologien folgen oder in Sozialräumen unterwegs sind, in denen sie mit extremistischen Personen und Organisationen in Berührung kommen. Dabei sollen insbesondere neue und innovative Zielgruppenzugänge erprobt werden. Hier besteht der größte Innovationsbedarf im Praxisfeld, da junge Menschen mit Affinitäten zu demokratiefeindlichen Ideologien nur schwer erreicht werden, wie Erfahrungen aus der ersten Förderperiode zeigten.9) Erstmals werden zudem Modellprojekte gefördert, die Parallelen und Wechselwirkungen in den unterschiedlichen Phänomenbereichen behandeln (z.B. phänomenübergreifende Verschwörungstheorien). In diesem Handlungsfeld werden Anfang 2020 47 Modellprojekte gefördert. Unter dem Eindruck islamistischer Anschläge wurden zwischenzeitlich Projekte im Bereich der Islamismusprävention deutlich aufgestockt, seit 2020 liegt der nominelle Schwerpunkt wieder auf dem Rechtsextremismus. Unter den 47 Modellprojekten befinden sich auch 15 Projekte, die sich explizit dem Kontext der Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe widmen und in Kooperation mit Landesjustizministerien und Landes-Demokratiezentren durchgeführt werden. Hiermit wird auf die zunehmende Anzahl ideologisch radikalisierter junger Menschen im Strafvollzug reagiert. Diese Modellprojekte erproben präventiv-pädagogische Angebote und qualifizieren das Personal in den Justizvollzugsanstalten.
Zusammenhalt durch Teilhabe
Das Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ (Z:T) des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) fördert Projekte in ländlichen und strukturschwachen Regionen, die sich für eine selbstbewusste, lebendige und demokratische Gemeinwesenkultur einsetzen.10) Die Projekte sollen präventiv, vor allem im Vorfeld möglicher extremistischer Gefährdungen agieren und die grundlegenden Bedingungen für ein gleichwertiges und gewaltfreies Zusammenleben schaffen.
Ziel des Programm Z:T ist es daher, Vereine und Verbände in ländlichen und strukturschwachen Gegenden zu fördern, die sich der Etablierung demokratischer Verbandsstrukturen und der Bearbeitung von diskriminierenden und demokratiefeindlichen Vorfällen im Verband widmen. Im Mittelpunkt steht die Ausbildung von sogenannten Demokratieberaterinnen und -beratern, die in der Lage sind, Konflikte mit Bezug zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu identifizieren und zu bearbeiten. Seit dem Programmstart im Jahr 2010 wurden mehr als 2000 ehrenamtliche Beraterinnen und Berater ausgebildet.11)
Sie sensibilisieren innerhalb ihrer Organisationen für das Erkennen antidemokratischer Haltungen, begleiten die Entwicklung von Präventionsstrategien und beraten im Konfliktfall vor Ort. Die Projekte stützen sich vor allem auf die Potenziale im Breitensport, in den freiwilligen Feuerwehren, den ehrenamtlichen Gliederungen des Technischen Hilfswerks (THW) sowie in der Wohlfahrt und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Hervorzuheben ist hierbei, dass sich viele Projektträger im Rahmen der Förderung erstmals mit der Konzeption und Umsetzung eigener Bildungs- und Beratungsangebote befassten. Durch die entstandenen niedrigschwelligen und zielgruppengenauen Angebote konnten viele Menschen für Lernformate gewonnen werden, die auf klassischen Wegen dafür bisher nicht erreicht wurden. Die Projekte verfolgen zudem den Ansatz, in das lokale Gemeinwesen hineinzuwirken und gemeinsam mit anderen Akteuren regionale Netzwerke zur Bearbeitung antidemokratischer Vorfälle zu entwickeln. Eine weitere Säule des Bundesprogrammes ist die Umsetzung von Modellprojekten zur partizipativen Entwicklung und Erprobung von Maßnahmen der digitalen Demokratiestärkung und Beteiligung. Vereine und Verbände sollen hier innovative Konzepte, Methoden und Instrumente entwickeln, mit denen diese neuen Kompetenzen in den Organisationsstrukturen, bei Haupt- und Ehrenamtlichen, verankert werden können.
Demokratie, das ist der Grundgedanke des Programms, soll dort gefördert werden, wo sie entsteht: an der Basis. Die Mitarbeit an den Projekten von „Zusammenhalt durch Teilhabe“ soll Teilnehmenden die Erfahrung vermitteln, das eigene Leben aktiv gestalten zu können. Insofern wirkt das Programm extremistischen und verfassungsfeindlichen Strömungen entgegen.
Das Programm wurde 2010 ins Leben gerufen und war zunächst auf die ostdeutschen Bundesländer beschränkt. Seit 2016 fand eine Ausweitung auf das gesamte Bundesgebiet statt.
Die drei aktuellen Förderbereiche des Programms sind:
- Programmbereich 1: Demokratische Praxis in Vereinen und Verbänden stärken;
- Programmbereich 2: Gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort gestalten;
- Programmbereich 3: Modellprojekte zur Stärkung von Teilhabe und Engagement – Schwerpunkte „Digitalisierung“ sowie „Ideenfonds Engagement im ländlichen Raum stärken“.
Für die aktuelle Programmphase 2020 bis 2024 wurden Anfang 2020 zunächst 82 Vereine und Verbände für eine Förderung ausgewählt. Jährlich stehen 12 Millionen Euro an Fördergeldern zur Verfügung. Das Programm wird durch die Bundeszentrale für politische Bildung umgesetzt.
Steuerung/Governance
Demokratie leben!
Die Größe des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ erfordert umfangreiche Strukturen der Steuerung und der Begleitung. An diesen Aufgaben sind deshalb viele Personen und Organisationen beteiligt.
Die inhaltliche und strategische Steuerung liegt beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und wird dort gegenwärtig auf fünf Referate aufgeteilt. Neben einem Referat für Grundsatzfragen des Bundesprogramms sind drei Referate für die inhaltlichen Handlungsfelder verantwortlich, wobei die Grenze zwischen den Bereichen Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention gezogen wird. Innerhalb und zwischen diesen Referaten werden die inhaltlichen Schwerpunkte des Bundesprogramms festgelegt. Zudem steht das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in engem Austausch mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Ministerien verantworten mehrere politische Initiativen in den Bereichen Demokratieförderung und Extremismusprävention gemeinsam, beispielsweise den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus12) oder das Nationale Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus.13)
Bei der Programmsteuerung kann das Bundesministerium auf die Unterstützung einiger Programmpartner zurückgreifen. Die administrative Umsetzung des Bundesprogramms liegt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das die sogenannte Regiestelle im Bundesprogramm betreibt.14) Diese Regiestelle ist die erste und wichtigste Ansprechpartnerin für alle geförderten Projekte und am Programm Interessierte. Über die Regiestelle laufen beispielsweise die umfangreichen Interessenbekundungsverfahren, sie prüft die Projektanträge, Ergebnis- und Sachberichte sowie die Verwendungsnachweise. Die Regiestelle führt auch die Fachberatung durch. Indem die Fachberaterinnen und Fachberater jeweils Kontakt zu mehreren Projekten halten, können sie zur Wissensvermittlung innerhalb des Bundesprogramms beitragen. Gute Ansätze eines Projektes können sie mit anderen Projekten teilen und so dabei helfen, die Praxis in der Breite weiterzuentwickeln.
Der Fachaustausch zwischen den Projekten im Bundesprogramm wird von Fachforen unterstützt, die Fachaustausche über die Themenfelder hinweg ermöglichen. Die Fachforen werden von der Regiestelle durchgeführt. Innerhalb der Themenfelder besteht ohnehin enger Fachaustausch über gemeinsame Veranstaltungen und Treffen zwischen den Kompetenzzentren und -netzwerken und den Modellprojekten. Die Regiestelle verantwortet zudem die Öffentlichkeitsarbeit des Bundesprogramms sowie die Internetseite www.demokratie-leben.de, von der alle Informationen über das Programm, über die geförderten Projekte sowie über die Fördervoraussetzungen abrufbar sind.
Schließlich ist bei der Steuerung eines solchen Programms auch die Evaluation und wissenschaftliche Begleitung zu nennen. Die Gesamtevaluation des Bundesprogramms liegt beim Deutschen Jugendinstitut (DJI) in Halle/Saale.15)
Im Mittelpunkt stehen einerseits alle Fragen, die sich auf die Gesamtarchitektur des Bundesprogramms beziehen; zum anderen verfolgt die Gesamtevaluation eine Reihe von Fragestellungen, die sich vorrangig auf Synergieeffekte, Kooperation, die Beziehung zur Regelpraxis und die Nachhaltigkeit beziehen. Wichtigste Grundlage hierfür sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitungen der einzelnen Programmbereiche und deren empirische Erhebungen.
Die wissenschaftliche Begleitung der Partnerschaften für Demokratie führt derzeit das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Frankfurt e.V. (ISS)16) durch. Das Institut begleitet zudem die Modellprojekte im Handlungsfeld „Extremismusprävention“. Die Landes-Demokratiezentren, die Kompetenzzentren und -netzwerke sowie die Modellprojekte im Handlungsfeld „Demokratieförderung“ und im Themenfeld „Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe“ werden vom DJI begleitet. Die Modellprojekte im Handlungsfeld „Vielfaltgestaltung" wiederum werden vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) begleitet. Zusammen bilden die drei Institute den so genannten Evaluationsverbund „Demokratie leben!“.
In diesen Evaluationen kommen verschiedene Methoden zum Einsatz, die u.a. sowohl ein standardisiertes Monitoring umfassen als auch verschiedene teil- und nicht-standardisierte Erhebungsmethoden wie Befragungen der Adressatinnen und Adressaten sowie teilnehmende Beobachtungen und Interviews mit Projektdurchführenden. Ziel ist es, die Entwicklung der Projekte, ihrer Strukturen, Kooperationen, Methoden und didaktischen Ansätze nachzuvollziehen und Empfehlungen zur Weiterentwicklung zu geben. Da es sich beim Bundesprogramm „Demokratie leben!“ um ein Programm handelt, das insbesondere der Entwicklung und Erprobung neuer Ansätze und Strategien dient und eine Anregungs- und Impulsfunktion der Fachpraxis gegenüber einnimmt, fokussiert die wissenschaftliche Begleitung darauf, ob und inwiefern die verschiedenen geförderten Träger diese Aufgabe aufnehmen und in welcher Weise sie diese umsetzen. Wichtige Elemente in diesem Kontext der Praxisentwicklung sind dabei auch die regelmäßige Rückkoppelung der Ergebnisse an die Projekte in Form von Workshops, Fachtagungen, und Berichten.
Zusammenhalt durch Teilhabe
Das Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ wird aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) gefördert. Die Umsetzung des Programms wurde im November 2018 durch das BMI dauerhaft in die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) übertragen. Die Programmorganisation erfolgt durch eine Regiestelle, die organisatorisch im Fachbereich „Politische Bildung im ländlichen Raum“ angesiedelt ist. Die Regiestelle verantwortet die strategische und konzeptionelle Weiterentwicklung des Programms wie z.B. die inhaltliche Schwerpunktsetzung der Förderung und stimmt diese mit der Fachaufsicht der BpB im BMI ab. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regiestelle sind zudem erste inhaltliche Anlaufstelle für die geförderten Projektträger und Programminteressierte. In der fachlichen Beratung und Begleitung der Projekte wird auf das Erfahrungswissen der letzten Jahre zurückgegriffen. Zu den weiteren Aufgaben der Regiestelle gehören zudem die Konzeption und Umsetzung von Antragsverfahren, die Entwicklung und Sicherung von Maßnahmen zur Sicherung der Programmqualität (Fachtagungen, Fort-/Weiterbildungsangebote und Coaching-/Supervisionsangebote, Wissenstransfer) sowie die Öffentlichkeitsarbeit des Programms.
„Zusammenhalt durch Teilhabe“ versteht sich als lernendes Programm. In diesem Sinne werden die fachlichen Perspektiven und strukturellen Besonderheiten der Trägerlandschaft z.B. im Rahmen von Entwicklungs- und Produktwerkstätten des Programms mit den Förderprojekten gesammelt und reflektiert und für die Weiterführung des Programms berücksichtigt.17) Die Projektträger haben untereinander einen hohen Vernetzungsgrad: Sowohl regional (Länderebene) als auch spartenspezifisch (im Bereich Sport, Feuerwehr, THW, Wohlfahrt etc.) bestehen Vernetzungsforen. Neben dem klassischen Erfahrungsaustausch dienen diese Foren u. a. auch zur gemeinsamen Entwicklung von Strategien zur verbandsinternen Verankerung der Projektergebnisse.
Die wissenschaftliche Begleitung wurde in den bisherigen Förderperioden von „proVal – Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Analyse – Beratung – Evaluation“ übernommen.18) Dabei stehen Fragen der Gelingensbedingungen, der Voraussetzung von Wirkungen und des Nutzens im Mittelpunkt des Interesses. „So werden etwa Fragen der Wirkungsvoraussetzungen der umgesetzten Maßnahmen geklärt, die den Projekten zugrundeliegenden theoretischen Annahmen über die Wirkungszusammenhänge ermittelt und auf Plausibilität geprüft (Wirktheorie) sowie die Wirkungen von Projektstrategien auf der Ebene von relevanten Zielgruppen (Veränderungen) analysiert. Zudem werden Faktoren identifiziert, die die Inanspruchnahme des Beratungsangebotes beeinflussen sowie die Rolle der Funktionsträger bezüglich einer erfolgreichen Etablierung des Beratungsangebots im Verband erforschen.“19) Die Ergebnisse der Evaluation dienen zudem der Steuerung und Weiterentwicklung des Programms.
Mit Blick auf die Steuerung des Programms ist die Implementation und Operationalisierung von Wirkungszielen auf der Programmebene, die von den Förderprojekten erreicht werden sollen, ein wichtiges Instrument. Steuerungstheoretisch gesprochen orientiert sich das Programm am Paradigma der Outcome-Steuerung. Durch die Etablierung von konkreten Programmzielen als Wirkungsziele und -erwartungen, an denen sich alle geförderten Projekte orientierten, wird der Zusammenhang zwischen geförderten Einzelprojekten und dem Gesamtprogramm gesichert. So können auch Fragen der Programmwirksamkeit bearbeitet sowie schließlich die Qualität in den Praxisprojekten entwickelt und gesichert werden. Konkret werden sowohl für das Gesamtprogramm als auch für die einzelnen Programmbereiche Zieltabellen entwickelt, die leitend für die Programmevaluation und für die Projektumsetzung sind.
Die Abschlussberichte der Programmevaluation sind auf der Website des Bundesprogramms unter www.zusammenhalt-durch-teilhabe.de abrufbar.
Herausforderungen und Perspektiven
Die Bundesprogramme „Demokratie leben!“ und „Zusammenhalt durch Teilhabe“ sind – das wurde schon verschiedentlich angedeutet – Bausteine der Gesamtstrategie der Bundesregierung zur Demokratieförderung und Extremismusprävention. Sie ergänzen weitere Strukturen und Angebote auf Bundesebene sowie Programme, Strukturen und Maßnahmen auf Landes- und auf lokaler Ebene. Diese Komplementarität der Bundesprogramme hat sich bewährt.
In den Bundesprogrammen werden alle Formen des Extremismus in den Blick genommen und dabei sowohl die phänomenübergreifenden Gemeinsamkeiten als auch die Besonderheiten der jeweiligen Phänomene berücksichtigt. Als Fortschritte sind auch die Anerkennung und der breite Ausbau von Projekten im Bereich Demokratieförderung zu würdigen. Der Zweiklang von Demokratieförderung und Extremismusprävention lässt sich als Kern der beiden aktuellen Bundesprogramme begreifen.
Trotz der bisher erreichten Erfolge stehen die Programme auch vor Herausforderungen:
Fortführung und Transfer bewährter Ansätze
Beide Bundesprogramme ermöglichen eine zeitlich befristete Projektförderung. Daher stellt sich die Frage, wie bewährte Ansätze und Projekte längerfristig gefördert oder in bestehende Strukturen übertragen werden sowie zugleich die inhaltliche Weiterentwicklung der Bundesprogramme und neue, innovative Ansätze gefördert werden können.
Die Frage der Verstetigung und Verbreitung bewährter Ansätze und Projektstrukturen wird auch zukünftig eine Herausforderung der Bundesprogramme bleiben. Damit stellt sich die Frage, wie bewährte Projekte, Arbeitsansätze und Konzepte künftig in noch stärkerem Maße in die Regelförderung der Länder und Kommunen oder in die Regelstrukturen von Vereinen und Verbänden übernommen bzw. auf anderem Weg finanziert werden können.
Die Erfahrung zeigt, dass viele Projekte sehr gut in der Lage sind, Erfahrungswissen zu neuen Konzepten und Arbeitsformen zu generieren und Antworten auf neue fachliche Herausforderungen zu finden. Auf dieser Basis werden unter ihrer Mitwirkung vielfach Fachstandards definiert (z.B. Qualitätskriterien für gelungene Beratung in „Zusammenhalt durch Teilhabe“) und Erfahrungen konzeptionell so aufbereitet, dass sie in andere Kontexte und auf andere Institutionen übertragbar wären (z.B. in Form praxistauglicher Leitfäden und Handbücher). Die praktische Übertragung von Ansätzen und Erkenntnissen aus konkreten Projekt- und Modellkontexten in andere Kontexte ist jedoch sowohl eine fachliche Herausforderung als auch eine Frage der dafür verfügbaren Ressourcen. In Fällen, in denen Modellprojekte bei einem großen Träger, z.B. bei einem Wohlfahrtsverband, angesiedelt sind, darf erwartet werden, dass die Ergebnisse aufbereitet und verbandsintern, ggf. auch verbandsextern verbreitet werden. Bei kleineren Trägern und Projekten fehlen hier häufig noch die entsprechenden Möglichkeiten. Die Strukturentwicklung zum bundeszentralen Träger in der ersten Förderperiode des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ sowie die Kompetenzzentren und -netzwerke in der zweiten Förderperiode und die Netzwerke im Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ sind erste Schritte, an dieser Stelle neue Wege zu erproben.
Erreichung neuer Zielgruppen
In der Konzeption von Projekten zur Demokratiestärkung und Extremismusprävention gilt es, neue und gegebenenfalls schwer erreichbare Zielgruppen verstärkt in den Fokus zu nehmen. Methodische Zugänge und Zielgruppenansprache sind bei Bedarf dezentraler, niedrigschwelliger, langfristiger angelegt und herausgelöst aus konventionellen Wirkungszusammenhängen zu gestalten. Dies wurde in den aktuellen Förderphasen verstärkt verankert. Die Ergebnisse aus Evaluationen und wissenschaftlichen Begleitungen werden zeigen, ob und über welche Zugänge es gelingt, schwer erreichbare Zielgruppen zu gewinnen.
Wirksamkeit und Erfolgskontrolle
Beide Bundesprogramme werden wissenschaftlich begleitet. Über Evaluationsergebnisse und sonstige Befunde der wissenschaftlichen Begleitung berichtet die Bundesregierung in einem einmal pro Legislaturperiode vorgelegten Bericht über die Arbeit und Wirksamkeit der Bundesprogramme.20) Aktuell wird von der Bundesregierung ein verstärkter Fokus darauf gelegt, die Qualität und Wirksamkeit der Präventionsmaßnahmen in den Bereichen Demokratieförderung und Extremismusprävention langfristig zu sichern und zu stärken.21) Die Bundesprogramme müssen sich den daraus erwachsenden Anforderungen in Zukunft verstärkt stellen und – immer orientiert an ihren jeweiligen Gegenständen und Rahmenbedingungen – Ansätze der Qualitätssicherung und Evaluation weiterentwickeln, umsetzen und auswerten. Zur Frage, wie dies am besten gelingen kann, gibt es in Wissenschaft und Praxis unterschiedliche und teilweise kontrovers diskutierte Positionen.22)
Bundesprogramme können nicht vorrangig an ihrer bundesweiten bzw. regionalen Wirkung, gemessen z.B. anhand von Indikatoren der Reduktion von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, beurteilt werden. Vielmehr müssen Bundesprogramme im Bereich der Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention danach beurteilt werden, ob es ihnen gelingt, ihre Anregungs- und Impulsfunktion zu erfüllen, pädagogische Ansätze und Strategien modellhaft zu erproben bzw. weiterzuentwickeln und Anregungsfunktionen für die Regelpraxis zu übernehmen. Die Evaluationen der Bundesprogramme sind vor diesem Hintergrund darauf ausgerichtet, solche Erprobungs- und Entwicklungsprozesse in den Blick zu nehmen und auf empirischer Grundlage zu beurteilen, ob es den verschiedenen Projekten gelingt, diese Funktionen zu erfüllen und in der dargestellten Weise Wirkung zu entfalten. Dies fußt auf konkreten und je Programmbereich spezifischen Wirkungserwartungen, deren Formulierung sowohl auf Programm- als auch auf Projektebene Verständigungsprozesse über intendierte Wirkungen vorangehen.
Für die Bekämpfung von politischem und weltanschaulichem Extremismus und der Förderung von Demokratie leisten die Bundesprogramme damit wichtige fachliche Beiträge und Bausteine; allein aus eigener Kraft können sie die flächendeckende Umsetzung ihrer Anregungen und Impulse allerdings nicht leisten. Sie sind an dieser Stelle auf gesellschaftliche Partner angewiesen, die ihre Impulse aufnehmen. Es ist deshalb sinnvoll, Bundesprogramme von Beginn an als Momente einer Gesamtstrategie zu betrachten und nicht als isolierte Programme.
Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul
Fussnoten
1)
Die Bundesregierung 2016
2)
Die Bundesregierung 2016, 11.
3)
Vgl. auch: Demokratie leben a.
4)
Vgl. als Überblick: Demokratie leben b.
5)
Vgl. als Überblick: Demokratie leben c.
6)
Vgl. als Überblick über die geförderten Träger: Demokratie leben d.
7)
Vgl. als Überblick: Demokratie leben e.
8)
Heitmeyer 2012.
9)
Vgl. Figlestahler et al. 2019, 208f.
10)
Vgl. Zusammenhalt durch Teilhabe a.
11)
Vgl. Zusammenhalt durch Teilhabe b.
12)
Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
13)
Vgl. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.
14)
Vgl. Bundesamt für Familie und Zivilgesellschaftliche Aufgaben.
15)
Vgl. Deutsches Jugendinstitut.
16)
Vgl. Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V.
17)
Vgl. Zusammenhalt durch Teilhabe c.
18)
Vgl. proVal.
19)
Vgl. Zusammenhalt durch Teilhabe d.
20)
Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2017.
21)
Vgl. Die Bundesregierung 2019.
22)
Vgl. z. B. Armborst/Janusz/Coester/Greuel/Milbradt/Nehlsen 2019; BpB Infodienst Radikalisierungsprävention.
Literatur
Armborst, Andreas/Janusz, Biene/Coester, Marc/Greuel, Frank/Milbradt, Björn/Nehlsen, Inga (2019): Evident und wirksam? Herausforderungen, Möglichkeiten und Grenzen der Evaluationsforschung, in: Daase, Christopher/Deitelhoff, Nicole/Junk, Julian (Hrsg): Gesellschaft Extrem. Was wir über Radikalisierung wissen. Frankfurt/New York, Campus, S. 255-290.
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Online: https://www.bmfsfj.de/blob/jump/116798/nationaler-aktionsplan-rassismus-data.pdf.
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2017): Bericht der Bundesregierung über Arbeit und Wirksamkeit der Bundesprogramme zur Extremismusprävention vom Juni 2017. Verfügbar über: https://www.bmfsfj.de/bmfsf/service/publikationen/bericht-der-bundesregierung-ueber-arbeit-und-wirksamkeit-der-bundesprogramme-zur-extremismuspraevention/117612.
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